Darum gehts
- Schweiz präsentiert erste rüstungspolitische Strategie zur Stärkung der Sicherheit
- Ziele: Stärkung der Industrie, Verringerung der Auslandsabhängigkeit, Klärung der Rolle
- Verteidigungsminister Martin Pfister betont Dringlichkeit
Die Weltlage verschlechtert sich, überall wird aufgerüstet – und die Schweiz zieht nach. Am Freitag präsentierte Verteidigungsminister Martin Pfister (61, Mitte) die Rüstungsstrategie des Bundesrats. Eines der Ziele: die angeschlagene Rüstungsindustrie retten. Der Bund will wieder mehr im Inland einkaufen. Es war einer von Pfisters ersten grossen Auftritten im Amt. Blick ordnet ein.
Erstmals gibt es eine rüstungspolitische Strategie – mit welchem Ziel?
Der Bundesrat will letztlich sicherstellen, dass die Armee rechtzeitig mit Waffen, Ausrüstung und Dienstleistungen versorgt ist – um die Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Gleichzeitig soll die Zusammenarbeit mit Europa ausgebaut werden.
Pfister stellte klar, dass die Rüstungspolitik stärker politisch gesteuert werden soll. Der Ausbau internationaler Kooperationen sei dabei «schlicht eine strategische Notwendigkeit». Zugleich mahnte er: «Die Lage ist dringlich.» Andere Staaten bauten ihre Rüstungsindustrie gezielt aus. Die Schweiz dürfe dabei nicht ins Hintertreffen geraten.
Parallel soll die heimische Rüstungsindustrie gesichert werden. Konkret will der Bundesrat künftig möglichst 60 Prozent aller Beschaffungen im eigenen Land tätigen, weitere 30 Prozent in Europa. Zudem sollen die Investitionen in Forschung und Entwicklung erhöht werden: Bis 2030 sollen es zwei Prozent des Armeebudgets sein. Heute liegt der Anteil unter einem Prozent.
Die Welt rüstet auf. Warum ist die Schweizer Rüstungsindustrie dennoch unter Druck?
Hauptgrund ist das kurz vor dem Ukraine-Krieg verschärfte Kriegsmaterialgesetz, das die Weitergabe von Schweizer Waffen und Munition an Länder in einem bewaffneten Konflikt verbietet. Deutschland durfte daher keine Gepard-Munition an die Ukraine weitergeben, Dänemark keine Piranha-Schützenpanzer.
Mehrere Staaten haben daher angekündigt, keine Schweizer Rüstungsgüter mehr zu kaufen, wenn sie im Ernstfall nicht frei darüber verfügen können. «Die Schweiz wird bei europäischen Partnern nicht mehr als zuverlässige Lieferantin von Rüstungsgütern wahrgenommen», resümiert der Bundesrat.
Damit bricht den hiesigen Waffenschmieden der überlebenswichtige Markt im Ausland weg. Und der Heimmarkt ist schlicht zu klein. Heisst: Die Schweizer Armee kauft nicht so viel ein, dass die Branche davon leben könnte. Pfister machte klar: Ohne Exporte kann die sicherheitsrelevante Rüstungsindustrie der Schweiz nicht überleben.
Aber warum braucht die Schweiz überhaupt eine eigene Rüstungsindustrie?
Hier geht es auch um Unabhängigkeit: Die Nachfrage nach Rüstungsgütern ist stark gestiegen, was zu längeren Lieferzeiten und steigenden Preisen führt. Gerade als kleines Land, das keinem Bündnis angehört, droht die Schweiz hier hinten anstehen zu müssen.
Reicht die Strategie, um die Rüstungsindustrie zu retten?
Nein, dazu müssen zudem die Waffenexporte wieder gelockert werden. Das aber bereitet dem Parlament einige Mühe. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs ringt es mit dem Kriegsmaterialgesetz. Denn einerseits soll die Neutralität gewahrt bleiben, andererseits sollen Schweizer Waffen nicht unerwünscht irgendwo auf der Welt auftauchen.
In der Sommersession scheint der Ständerat nun eine Lösung gefunden zu haben. Neu soll der Export in 25 bestimmte Staaten mit ähnlichen Werten grundsätzlich erlaubt sein. Auch dürften sie frei darüber verfügen, die Waffen und Munition an Drittstaaten wieder auszuführen. Noch ist die Gesetzesänderung aber nicht im Trockenen. Erst muss auch noch der Nationalrat zustimmen. Und dann dürfte ein Referendum folgen. Das letzte Wort hätte also das Volk
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