Darum gehts
- Pharmakonzernbosse trafen Bundesräte wegen US-Ultimatum zu Medikamentenpreisen
- Die Schweizer Pharmaindustrie fordert höhere Preise im Inland als Ausgleich
- Der Novartis-Chef sagt, die Medikamentenpreise in der Schweiz seien viel zu tief
Spitzentreffen in Bern! Die Pharmakonzerne Roche und Novartis schickten am Montag Topmanager in die Bundesstadt. Dort trafen sie Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65, SVP) und Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider (61, SP) zu vertraulichen Gesprächen. Der Hintergrund: ein Ultimatum von US-Präsident Donald Trump (79). Bis zum 29. September verlangt er von den Pharmafirmen Vorschläge zur Senkung der Medikamentenpreise in den USA.
Parmelin und Baume-Schneider informierten am Abend vor den Medien über die Gespräche. Viel war nicht zu erfahren – zumindest nicht offiziell. «Wir stehen vor gewissen Schwierigkeiten», sagte Parmelin. Man versuche nun unter Hochdruck, Fortschritte zu erreichen.
Zahlen am Ende die Schweizer drauf?
Baume-Schneider machte klar, dass es bei den Medikamentenpreisen nicht um nationale Alleingänge gehe. Vielmehr brauche es eine weltweite Debatte – mit Industrie, Politik und allen Beteiligten im Gesundheitswesen. «Wir müssen gemeinsam an einem Tisch sitzen», sagte die Gesundheitsministerin.
Es habe ein Austausch auf Augenhöhe stattgefunden, hiess es. Einig sei man sich, dass die Schweiz für die Pharmabranche ein attraktiver Standort bleiben müsse. Daher wolle man die Rahmenbedingungen prüfen – ob bei Steuern oder in der Forschung. Das Treffen habe den Start weiterer Gespräche gebildet.
So weit, so unverbindlich. Auch Vertreter der Pharmaindustrie äusserten sich nach den Berner Gesprächen nicht näher. Klar ist: Die Branche will die angedrohten Zölle offenbar für sich nutzen, wie Blick schon vor Wochen publik machte. Im Gegenzug fordert sie höhere Medikamentenpreise in der Schweiz. Sinkende Margen könnten Forschung und Arbeitsplätze gefährden, so die Warnung.
Besonders Gesundheitsministerin Baume-Schneider soll jedoch abblocken: Die Preise seien absolut gesehen bereits die höchsten in Europa, weitere Erhöhungen würden direkt auf die Prämien durchschlagen. Es drohe die Gefahr, dass Schweizer Versicherte die Pharma subventionieren würden, heisst es hinter vorgehaltener Hand. Und das zuständige Bundesamt für Gesundheit warnte bereits gegenüber Blick: «Pauschale Preiserhöhungen aufgrund des Preisdrucks aus den USA würden unmittelbar zu höheren Prämien führen.»
Für Aufsehen sorgen auch Aussagen von Novartis-Chef Vas Narasimhan (49): «In der Schweiz sind die Medikamentenpreise viel zu tief», sagte er im Vorfeld der NZZ offen. US-Patienten würden einen Grossteil der Innovation finanzieren, während Europa und die Schweiz künftig mehr beitragen müssten.
Trump will Preise angleichen
Medikamente haben für Trump strategische Bedeutung: In Krisen will er nicht von Importen abhängig sein, gleichzeitig nutzt er Preissenkungen als Wahlkampfthema. In den USA verlangen Roche und Novartis teils deutlich höhere Preise als in Europa. Trump fordert deshalb eine Angleichung.
Gleichzeitig verlagern die Konzerne Teile ihrer Produktion in die USA, um möglichen Zöllen zu entgehen. Für die Schweiz könnte das effektiv weniger Investitionen bedeuten – auch das dürfte beim Treffen mit dem Bundesrat zur Sprache gekommen sein.
Bei Pharmavertretern herrscht trotz Drohungen offenbar noch keine totale Panik: Rechtlich könne Trump sie zu nichts zwingen. Gut unterrichtete Kreise berichten, die Konzerne wollten die Drohbriefe des US-Präsidenten nicht einmal beantworten.
Laut Quellen haben sich die Pharmakonzerne zudem auf verschiedene Zollszenarien vorbereitet. Bei besonders betroffenen Produkten setzen sie – neben Produktionsverlagerungen – etwa auch auf Kooperationen mit US-Partnern oder Technologieverträge. Zuletzt erinnern Branchenvertreter daran, dass die Pharma hierzulande deutlich mehr Steuern zahle, als für Medikamente ausgegeben werde. Würden die Preise in den USA stark sinken, hätte das auch für die Schweizer Staatskasse spürbare Folgen.
Hier gibt's die Medienkonferenz zum Nachlesen:
Was bleibt von den Pharmagesprächen?
Fazit des Auftritts nach dem bundesrätlichen Treffen mit der Pharmabranche in Bern? Erstens: Trumps Drohungen lassen sich nicht einfach wegreden. Und zweitens: Auch radikale Preisanpassungen scheinen nicht die Lösung zu sein.
- Wirtschaftsminister Guy Parmelin sprach von einem konstruktiven Austausch. «Wir können aber nicht in Abrede stellen, dass das Vorhaben schwierig ist», erklärte der Wirtschaftsminister vor den Medien. Man versuche nun unter Hochdruck, Fortschritte zu erreichen.
- Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider rief dazu auf, die Frage der Medikamentenpreise global zu betrahten – mit der Industrie ebenso wie der Politik und allen Akteuren im Gesundheitswesen: «Wir müssen zusammen sprechen, und zwar alle im gleichen Raum.»
- Vertreter der Pharmabranche haben sich nach den Gesprächen bisher nicht näher geäussert.
Alles hinter verschlossenen Türen
Die Gespräche fanden hinter verschlossenen Türen statt. Aber hier zumindest noch ein fotografischer Eindruck: David Traub (l.), CEO Novartis Pharma Schweiz, und Roche-Konzernchef Thomas Schinecker beim Treffen im Bernerhof.
Ende der Medienkonferenz
Damit endet die Medienkonferenz auch bereits wieder, sehr konkret haben sich die beiden Bundesratsmitglieder nicht geäussert. Wir ordnen bald die Ergebnisse ein.
«Pharmastandort stärken und aufwerten»
«Die Frage ist nicht, ob es in der Schweiz eine Preiserhöhung geben wird und was das bedeuten würde», stellt wiederum Baume-Schneider klar. Vielmehr laute die Frage, wie man daran arbeiten könnte, den Pharmastandort Schweiz zu stärken und aufzuwerten. Dies müsse im Einklang mit dem Gesetz und auch unter Berücksichtung des Parlaments passieren, betonen die beiden Bundesratsmitglieder.
Parmelin stellt Ziel klar
Parmelin stellt auch klar: «Wir haben ein gemeinsames Ziel, nämlich den Pharmastandort Schweiz aufzuwerten; sei es steuerlich, in der Forschung oder beim Zugang zu Medikamenten.» Es gebe dabei kein Diktat von der einen oder anderen Seite. «Wir müssen miteinander reden, vertrauensvoll im gleichen Raum. Nicht öffentlich, nicht über die Medien», so Parmelin.
Rahmenbedingungen für Pharma
Parmelin verweist nach einer Frage auch darauf, dass es nicht nur die USA gebe. Er verweist aber auch darauf, welche Rahmenbedingungen es in der Schweiz für Forschung Entwicklung gebe. Und stelle auch die Frage, welche Rahmenbedingungen man verbessern könnte.
Kaum Äusserungen zum Inhalt der Gespräche
Auch Baume-Schneider äussert sich kaum konkret zu den Gesprächen. Inhaltlich dringt kaum etwas nach aussen. Die Gesundheitsministerin verweist auf die verschiedenen Fragen, die sich stellten; bis hin zur Versorgungssicherheit. «Wir werden die Gespräche mit allen Beteiligten fortsetzen», so Baume-Schneider.
Jetzt spricht Baume-Schneider
An den Gesprächen waren auch Vertreter der Kantone beteiligt, nicht nur der Bund und die Pharmabranche. Es sei neu, dass man in einem so breiten Kreis habe diskutieren können, sagt Baume-Schneider.
«Gewisse Schwierigkeiten»
Man stehe vor gewissen Schwierigkeiten, so Parmelin, sei aber überzeugt: «Wir werden daran arbeiten, dieses Dossier voranzubringen.»
«Äusserst konstruktiv»
Parmelin spricht von «äusserst konstruktiven Gesprächen». Man habe sich über die aktuellen Herausforderungen austauschen können. Mit der Pharmabranche habe man sich vor allem darauf geeinigt, den Austausch fortzusetzen. So weit, so unverbindlich?
Es geht los
Jetzt treten Baume-Schneider und Parmelin vor die Medien.