Firmenkiller oder Klimaretter?
So würde die Juso-Initiative die Schweiz treffen

Die Juso-Initiative für eine nationale Erbschaftssteuer sorgt für Kontroversen. Die Vorlage will auf Nachlasse über 50 Millionen Franken eine Abgabe von 50 Prozent – und stösst auf breite Ablehnung. Was bedeutet das für die Schweiz?
Publiziert: 29.10.2025 um 19:06 Uhr
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Aktualisiert: 29.10.2025 um 19:57 Uhr
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Am 30. November stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über die Erbschaftssteuer-Initiative der Juso ab.
Foto: PETER SCHNEIDER

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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Die Juso steht mit ihrer «Initiative für eine Zukunft» im Rampenlicht. Der Abstimmungskampf läuft auf Hochtouren. Das Begehren der linken Jungpartei sorgt nicht nur in Wirtschaftskreisen für heftige Reaktionen. Am 30. November muss die Stimmbevölkerung entscheiden, ob die Schweiz eine Erbschaftssteuer einführen soll.

Momentan sieht es jedoch düster aus für die Initiative: In einer ersten Trendumfrage des Meinungsforschungsinstituts GFS Bern lehnen satte 62 Prozent das Anliegen ab. Weshalb die grosse Skepsis? Und was ist bei der Initiative zu beachten? Blick erklärt, worum es geht – damit auch du mitreden kannst.

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Was will die Juso mit der Initiative?

Die Ansage der Juso ist klar: Reiche sollen in der Schweiz nicht mehr steuerfrei vererben können. Für Erbschaften und Schenkungen soll zukünftig nur noch ein Freibetrag von 50 Millionen Franken gelten. Übersteigen die übertragenen Gelder diese Hürde, muss die Hälfte des Mehrbetrages an den Staat abgeliefert werden. Der Initiativtext schreibt dabei dem Bund vor, dass der Freibetrag regelmässig an die Teuerung angepasst werden soll.

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Wohin mit den neuen Steuer-Millionen?

Der Zweck des neuen Steuerertrages ist festgelegt: Er soll ausschliesslich «zur sozial gerechten Bekämpfung der Klimakrise sowie für den dafür notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft» eingesetzt werden.

Dabei gehen zwei Drittel direkt an den Bund, ein Drittel soll an die Kantone. Der Bund müsse zudem im Zusammenhang mit der Initiative sicherstellen, dass Steuervermeidungen, insbesondere mittels eines Wegzugs aus der Schweiz, verhindert werden.

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Wie ist die Situation aktuell?

Alle Kantone ausser Schwyz und Obwalden kennen bereits eine Erbschaftssteuer. Auch auf Schenkungen erhebt der Grossteil eine Abgabe. Nachlasse an Ehegatten und Nachkommen sind dabei jedoch meistens steuerbefreit.

Auch beim Vermögen wird angesetzt, wenn nur in begrenztem Masse. In keinem Schweizer Kanton überschreitet die Abgabe die Prozentmarke, bei moderaten Ersparnissen beträgt sie wenige Promille. Der Freibetrag ist dabei in der Regel bei einer Million Franken festgelegt.

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Gab es bereits früher Versuche, dies zu ändern?

Schon 2015 versuchten sich linke Parteien daran, Gutbetuchte stärker in die Mangel zu nehmen: Mit der Erbschaftssteuer-Initiative sollten ab einem Freibetrag von 2 Millionen Franken 20 Prozent einer Erbschaft oder Schenkung abgegeben werden. Mit den Mehreinnahmen hätte besonders die AHV saniert werden sollen.

Das Anliegen scheiterte damals deutlich. Fast drei Viertel der Wählerinnen und Wähler gaben ihm eine Abfuhr.

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Was spricht für die Juso-Erbschaftssteuer?

Wie viel in der Schweiz jährlich vererbt wird, zeigte erst kürzlich eine Analyse des VZ Vermögenszentrums: Rund 100 Milliarden Franken wechseln dieses Jahr als Erbe oder Schenkung den Besitzer. Das sind ganze zwölf Prozent des Bruttoinlandprodukts. Die Summe wächst jährlich um drei bis vier Prozent.

Besonders das reichste Viertel vererbt dabei Millionenbeträge. Diese festigen die Vermögensungleichheit über Generationen. Laut der Juso würden die Mega-Erbschaften zudem grossen Schaden anrichten – etwa durch klimaschädliche Investitionen und eigene Privatjets.

Das widerspiegelt auch eine in diesem Jahr erschienene Studie der ETH Zürich: Laut dieser haben in den vergangenen 35 Jahren die zehn Prozent der weltweit vermögendsten Menschen rund zwei Drittel der menschengemachten Erderwärmung verursacht.

Daher sollen die Klimamassnahmen nach Ansicht der Initiantinnen und Initianten verursachergerecht finanziert werden. Mit der neuen Erbschaftssteuer könnten jährlich rund sechs Milliarden Franken zusätzlich zur Verfügung stehen. Zum Vergleich: Aktuell setzt der Bund bloss rund ein Drittel dieser Summe für den Klimaschutz ein – und plant zudem, zahlreiche Massnahmen in den nächsten Jahren aus Spargründen zu streichen.

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Wer ist dafür?

Ausser der Juso haben nur die Grünen und die SP ebenfalls die Ja-Parole gefasst. Doch selbst in der Mutterpartei sind die Fronten verhärtet. Die Reformplattform der SP, das Sammelbecken der wirtschaftsliberalen Sozialdemokraten, wehrt sich vehement gegen den Kurs ihrer Partei.

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Wer ist dagegen – und weshalb?

Die Besteuerung der Reichen hat in der Schweiz einen schweren Stand – denn es geht um viel Geld, das abwandern könnte. Bereits letztes Jahr drohte Stadler-Patron Peter Spuhler (66), das Land zu verlassen, sollte die Initiative durchkommen. Seither taten es ihm zahlreiche Wirtschaftsvertreter gleich.

Wirtschaftsverbände warnen zudem davor, dass sich durch die Steuer kleine und mittlere Familienunternehmer dazu genötigt sähen, ihre Firma ins Ausland zu verkaufen. Bei ihnen sei ein grosser Anteil des Vermögens darin gebunden. Bei einer Erbschaft könne die Abgabe also nur so überhaupt bezahlt werden.

Die nationalen bürgerlichen Parteien sind daher geschlossen gegen die Initiative. Auch der Bundesrat ist deutlich gegen das Vorhaben. Nach Ansicht von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (61, FDP) ist die Initiative alles andere als verursachergerecht. Durch eine Annahme der Vorlage würde die Attraktivität der Schweiz erheblich sinken – und je nachdem gar zu Steuerausfällen führen. Zudem greife eine nationale Erbschaftssteuer in die Steuerhoheit der Kantone ein, so der Bundesrat.

«Bundessteuer dürfte zu starker Abwanderung führen»
1:17
Keller-Sutter zu Initiative:«Unter dem Strich könnte es sogar zu Steuerausfällen kommen»
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