Darum gehts
- Service-Citoyen-Initiative: Abweichler in allen Parteien trotz geringer Erfolgschancen
- Prominente Politiker wie Daniel Jositsch und Johanna Gapany unterstützen die Initiative
- Eine erste Umfrage zeigt eine knappe Zustimmung von 51 Prozent für die Initiative
Eigentlich hat die Service-Citoyen-Initiative keine Chance. Der Bundesrat will nichts davon wissen, das Parlament lehnte sie deutlich ab, und von den grossen Parteien steht nur die GLP hinter dem Anliegen. Doch ganz so eindeutig ist das Bild nicht. In allen Parteien gibt es Abweichler.
Daniel Jositsch (60, SP)
Dass Daniel Jositsch nicht auf Parteilinie stimmt, gab es schon öfters. So lehnen er und seine Reformplattform die Juso-Erbschaftssteuer-Initiative ab, über die ebenfalls am 30. November abgestimmt wird.
Anders bei der Bürgerdienst-Initiative: Diese habe eine «innere Logik», so der Zürcher Ständerat an der Medienkonferenz. «Das ist nicht immer so bei politischen Projekten.» Doch das Geschlechterbild habe sich verändert. Der notwendige Bestand der Armee werde mit der Initiative gesichert.
Er beobachte in der heutigen Zeit zudem mehr Individualismus. «Ich mache niemandem einen Vorwurf», so Jositsch. «Sehr viele Menschen sind der Meinung, sie seien das Zentrum der Welt, und der Staat sei dazu da, ihnen möglichst das Leben zu erleichtern.»
Als Beispiel nennt er das Fitnessabo. Seit einigen Jahren gäbe es mehr Leute, die ein solches besitzen, als Leute, die sich im Turnverein engagieren. «Im Fitnessstudio habe ich sieben Tage, 24 Stunden fast alles, was ich will. Im Turnverein muss ich auch ein Engagement bringen.» Eine Gesellschaft sei aber eine Gemeinschaft. «Es sind Krisen, die auf uns warten, und Herausforderungen, die es notwendig machen, dass jeder auch seinen Beitrag zu diesem Staat leistet.»
Johanna Gapany (37, FDP)
Nicht nur auf der linken Seite gibt es Abweichler, auch bei den Bürgerlichen. Während am Dienstag FDP-Nationalrat Heinz Theiler (54) – «Verwässert die Dienstpflicht, überfordert die Strukturen der Armee und schwächt die militärische Einsatzbereitschaft» – für ein Nein warb, zeigte sich am Donnerstag bei den Befürwortern die Freiburger FDP-Ständerätin Johanna Gapany mit einer Videobotschaft: Man sei mit hybriden Bedrohungen konfrontiert, «aber auch mit Naturkatastrophen und Cyberangriffen». Eine gute Vorbereitung helfe dabei, die Bevölkerung zu beruhigen.
Charles Juillard (62, Mitte)
Ein weiterer Ständerat, der sich gegen die eigene Partei stellt, ist Charles Julliard. Der Jurassier kämpft gegen Parteikollege Reto Nause (54), der das Nein-Lager anführt. Die Debatte im Parlament habe zu einem besonderen Zeitpunkt stattgefunden, erklärt Julliard, weshalb es nicht gelungen sei, das Parlament auf ihre Seite zu ziehen. Die Initiative sei aber als Bürgerbewegung gestartet. «Nun versuchen wir, die Mehrheit der Bevölkerung zu überzeugen.»
Christine Badertscher (43, Grüne)
Grünen-Nationalrätin Christine Badertscher muss gegen ihren ehemaligen Parteipräsidenten Balthasar Glättli (53) ran. Der sieht in der Initiative nämlich eine Zwangsmassnahme, die das Risiko von Lohndumping erhöht. «Die Initiative stellt Männer und Frauen rechtlich endlich auf dieselbe Stufe. Das ist längst überfällig», kontert Badertscher an der Medienkonferenz.
Es gebe links und rechts Abweichler, so die Bernerin. Die Argumente seien teilweise «etwas gesucht». Und trotzdem sehe man, «dass es in jeder Partei auch Unterstützerinnen und Unterstützer gibt. Das gibt es nicht überall».
Anfängliche Unterstützung
Bis jetzt scheinen die Befürworter die Nase vorn zu haben. In einer ersten Umfrage von Tamedia bekommt die Initiative eine knappe Zustimmung von 51 Prozent. Besonders Männer stimmen dem Anliegen zu.
Ob der Vorsprung bis Ende November allerdings reicht, ist fraglich: Besonders bei Initiativen sinkt die Zustimmung normalerweise im Verlauf des Abstimmungskampfs.