Darum gehts
- Bundesrat Martin Pfister steht vor erstem Abstimmungskampf zur Bürgerdienst-Initiative
- Initiative fordert Gemeinschaftsdienst für alle
- Abstimmung am 30. November, Bundesrat und Parlament lehnen Initiative ab
Premiere für Bundesrat Martin Pfister (62): Der Verteidigungsminister steht vor seinem ersten Abstimmungskampf. Am 30. November stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über die Bürgerdienst-Initiative ab.
Der sogenannte «Service citoyen» will, dass jeder junge Mensch in der Schweiz einen Einsatz für die Gemeinschaft oder die Umwelt leistet. In der Armee, im Zivilschutz, im Wald oder im Altersheim. Auch Frauen müssten künftig zum Dienst. Klimaschutz oder Betreuung erhielten mehr Raum als im heutigen System.
Es ist Pfisters Bewährungsprobe an der Urne. Der Bundesrat und das Parlament sind gegen die Initiative. Sie fürchten hohe Kosten, denn die Zahl der Diensttage würde stark steigen. Pfister hat derzeit so oder so das Problem, wie er genügend junge Männer für die Armee findet.
Am Freitag nun ist Pfister vor die Medien getreten. Die Initiative wolle das gemeinschaftliche Engagement der Schweizerinnen und Schweizer stärken, sagte Pfister. «Der Bundesrat anerkennt diese Anliegen ausdrücklich.» Die Initiative sei aber nicht der richtige Weg dafür.
Der Verteidigungsminister nannte mehrere Gründe gegen die Initiative:
- Zu viele Leute müssten Dienst leisten: Die Armee hat zwar ein Problem, künftig genügend Soldaten und Zivilschützer zu finden. Mit der Initiative aber müssten einerseits viel mehr Personen Dienst leisten als sicherheitspolitisch benötigt würden, so der Bundesrat. Jährlich würden 35'000 Personen benötigt, um den Bedarf von Armee und Zivilschutz zu decken. 70'000 Personen würden neu Dienst leisten, da auch Frauen antreten müssten zum Service citoyen. Es müssten also neue Plätze geschaffen werden, sagt Pfister. Das brauche neue Plätze, Strukturen, Beamte. Die Kosten wären höher, «ohne dass dadurch die Sicherheit der Schweiz gestärkt würde.» Gleichzeitig wäre nicht garantiert, dass die Armee genügend Soldaten hätte.
- Keine echte Gleichstellung: «Die Frauen leisten noch immer einen grossen Teil der Care-Arbeit», sagte Pfister. Solange die Gleichstellung nicht wirklich erreicht sei, gehe der Bürgerdienst für Frauen «in die falsche Richtung».
- Hohe Kosten für Wirtschaft und Staat: Die Initiative sei wirtschaftlich nicht sinnvoll, sagt Pfister. «Doppelt so viele Personen wie heute würden am Arbeitsplatz fehlen.» Das würde für die Unternehmen zu Kosten und Aufwand führen. Der Dienst sei «in einer Zeit des Fachkräftemangels nicht sinnvoll», so Pfister. Im Bereich Pflege oder Raumpflege könnten bestehende Berufe durch den Dienst konkurrenziert werden. Der Erwerbsersatz für Dienstleistende koste heute rund 800 Millionen Franken im Jahr. Mit dem Bürgerdienst wären es rund 1,6 Milliarden Franken. Dafür müssten Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit Lohnbeiträgen aufkommen.
Schwächung der Freiwilligenarbeit: Das Engagement in Vereinen belebe das Zusammenleben, betonte Pfister. Gerade weil es freiwillig und nach Interessen geleitet passiere. Eine «staatlich auferlegte Pflicht, sich für die Gesellschaft zu engagieren», gefährde dieses System. Bürger würden über das notwendige Mass hinaus verpflichtet, sich in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen.
- Pfister argumentierte auch mit dem Völkerrecht. Es wäre eine Herausforderung, genug Miliz-Einsatzplätze zu finden, die mit dem Zwangsarbeitsverbot vereinbar wären. Denn mehr als die Hälfte der Rekrutierten würden ausserhalb von Armee und Zivilschutz eingesetzt. Eine Dienstpflicht für die Sicherheit lasse das Völkerrecht zu.
Militärs schiessen gegen die Initiative
Auch Militärkreise haben bereits reagiert: Die Schweizer Offiziersgesellschaft (SOG) will von der Initiative «Service citoyen» nichts wissen. Bei der Dienstpflicht müsse die Sicherheit im Fokus bleiben – nicht Waldpflege oder Betreuung. Ein Bürgerdienst aber würde Lücken im Zivilen durch einen Personalabbau bei Zivilschutz und Armee schliessen, befürchtet die SOG und wird noch deutlicher: «Was nützt uns unser Wohlstand, wenn niemand mehr bereit ist, im Ernstfall sein Leben für unsere Sicherheit und Freiheit einzusetzen?»
Alle würden zu Bürgerdienst gezwungen, was massiv in die persönliche Freiheit der Menschen eingreife, stösst die Allianz Sicherheit Schweiz ins selbe Horn. Gleichzeitig würden der Wirtschaft dringend benötigte Arbeitskräfte entzogen. Für die Gegner ist daher klar: Die Initiative löse keine Probleme – sie schaffe nur neue. Daniel Ballmer
Medienkonferenz beendet
Es gibt keine weiteren Fragen. Die Medienkonferenz ist beendet.
Männer-Mangel in Armee nicht gelöst
Armee und Zivilschutz hätten heute das Problem, genügend Leute zu finden. Ein Journalist fragt nun: «Müssten Sie nicht aus diesem Grund die Initiative unterstützen?» Das Problem bestehe, sagt Pfister. Aber bei einem Dienst für alle würden viel mehr Leute als benötigt aufgeboten. Dennoch wäre nicht garantiert, dass das Problem gelöst wäre. Denn die Leute würden dann nicht automatisch im Sicherheitsbereich den Dienst leisten.
Fragerunde beginnt
Pfister hat seine Argumente dargelegt. Nun startet die Fragerunde.
Pfister wiederholt seine Argumente nun auf Französisch.
Freiwilliges Engagement wäre konkurrenziert
Nun lobt der Bundesrat die Freiwilligenarbeit in der Schweiz in Vereinen. «Dieses Engagement belebt unser Zusammenleben» - gerade weil es freiwillig und nach Interessen geleitet passiere. Eine «staatlich auferlegte Pflicht, sich für die Gesellschaft zu engagieren», gefährde dieses System. Bürger würden über das notwendige Mass hinaus verpflichtet.
Es gibt ein Verbot der Zwangsarbeit. Daran würde die Initiative rütteln, sagt Pfister.
Noch keine wirkliche Gleichstellung
Frauen müssten neu auch Dienst leisten. Die Initiative sei aber nicht zielführend. «Die Frauen leisten noch immer einen grossen Teil der Care-Arbeit.» Solange die Gleichstellung nicht wirklich erreicht sei, gehe der Bürgerdienst für Frauen «in die falsche Richtung».
Die Initiative sei wirtschaftlich nicht sinnvoll, sagt Pfister. «Doppelt so viele Personen wie heute würden am Arbeitsplatz fehlen.» Das würde für die Unternehmen zu Kosten und Aufwand führen. Der Dienst sei «in einer Zeit des Fachkräftemangels nicht sinnvoll», so Pfister. Im Bereich Pflege oder Raumpflege könnten bestehende Berufe durch den Dienst konkurrenziert werden.
Hohe Kosten, wenig Nutzen für Sicherheit
Jährlich würden 35000 Personen benötigt, um den Bedarf von Armee und Zivilschutz zu decken. Neu müssten aber auch Frauen Dienst leisten. Es gäbe neu 70'000 Personen jährlich. Es müssten also neue Plätze geschaffen werden, sagt Pfister. Das brauche neue Plätze, Strukturen, Beamte. Die Kosten wären höher, «ohne dass dadurch die Sicherheit der Schweiz gestärkt würde», sagt Pfister.