Darum gehts
- Superreiche drohen mit Wegzug wegen Juso-Erbschaftsinitiative vor Abstimmung am 30. November
- Gemeindepräsident von Hergiswil berichtet von Abwanderung vermögender Bürger
- 59 Multimillionäre wohnen in Hergiswil, bei Wegzug droht Verdoppelung der Steuern
Im Sommer 2024 wollte Stadler-Rail-Patron Peter Spuhler (66) die Schweiz aufrütteln. Er brachte ins Spiel, noch vor der Abstimmung über die Juso-Erbschaftsinitiative ins Ausland zu ziehen – die «horrende Erbschaftssteuer» könne er unmöglich zahlen, sagte er. Es folgte eine Welle von Superreichen, die ebenfalls mit Wegzug drohten. Soeben warnte Trottinet-König Wim Ouboter (65) gegenüber Blick: Kommt die Initiative so durch, müssten seine Söhne das Familienunternehmen verkaufen. «Die Initiative ist inspiriert von Donald Trump», sagte er.
Am 30. November nun entscheidet das Stimmvolk über die Initiative, die es in Umfragen schwer hat. Konkret verlangt die Vorlage, dass auf Nachlässe von über 50 Millionen Franken eine Steuer von 50 Prozent erhoben wird. Und es scheint nicht bei Drohungen zu bleiben. Kurz vor dem Urnengang schlägt der Präsident einer betroffenen Gemeinde Alarm: In diesen Tagen nutzen Superreiche die vermeintlich letzte Chance, um die Schweiz zu verlassen!
59 Multimillionäre wohnen in Hergiswil
Hergiswil NW habe seit diesem September mehrere auffällige Abmeldungen verzeichnet, wie Gemeindepräsident Daniel Rogenmoser (44) zu Blick sagt. Und er legt offen: Aus Gesprächen könne er sagen, dass die Wegzüge aufgrund der Initiative erfolgt seien. Die genaue Zahl will er nicht bekannt geben – er rechnet allerdings noch mit weiteren Abmeldungen.
Es lässt sich nicht unabhängig überprüfen, ob die Begründung der Wegzüger wirklich stimmt. Klar ist: Für Hergiswil ist die Initiative ein Klumpenrisiko. Zahlen der Nidwaldner Regierung zeigen, in welchen Gemeinden die meisten Personen mit einem Vermögen von über 50 Millionen Franken wohnen – also diejenigen, die von der Initiative betroffen wären.
Hergiswil liegt dabei auf Platz eins: Nicht weniger als 59 solcher Multimillionäre lebten 2021 in der Gemeinde am Vierwaldstättersee, die insgesamt rund 6000 Einwohner zählt. Zum Vergleich: Im ganzen Kanton Nidwalden waren es 2021 insgesamt 100 Personen mit einem Vermögen von über 50 Millionen.
Hergiswil sorgt mit seinen Reichen immer wieder für Schlagzeilen. Zu den bekannten Einwohnern der Gemeinde zählen etwa der Unternehmer und Milliardär Michael Pieper (79), die Liftkonzern-Familien Schindler und Bonnard oder Lalique-CEO Silvio Denz (69).
Gemeindepräsident sieht schwarz
«Ich kann die Personen sehr gut verstehen», sagt Gemeindepräsident Rogenmoser zu den Wegzügen. «Es geht darum, die Gefahr der Rückwirkungsklausel auszuschliessen.» Er hofft allerdings, dass die besagten Vermögenden nicht dauerhaft weggezogen sind – bei einem Nein würde man sie unkompliziert bei der Wiederanmeldung unterstützen.
Falls die Initiative tatsächlich angenommen würde, hätte die Gemeinde – und damit auch der Kanton Nidwalden – ein grosses Problem. Rogenmoser malt schwarz: «Wenn alle gehen würden, müssten wir theoretisch die Steuern verdoppeln, um die gleichen Einnahmen zu erzielen.»
Gstaad warnt vor Folgen fürs Dorf
Auch in der Gemeinde Saanen BE, zu der der international bekannte Nobelort Gstaad gehört, ist man nervös. Und auch hier will man nicht schweigen. Bisher sei zwar keine Abmeldung bekannt, allerdings verfolge der betroffene Personenkreis die Abstimmung aufmerksam.
«Nicht nur die Gemeinde Saanen, sondern die gesamte Schweiz würde massiv darunter leiden, wenn vermögende Bürger und traditionelle Familienunternehmungen unser Land verlassen würden», erklärt die Gemeinde gegenüber Blick – und warnt: In Saanen könnten bei einer Annahme teils vorgesehene Projekte nicht realisiert werden, und die gesamte Gemeindestruktur müsste überarbeitet werden.
Hier gibt man sich bedeckt
Andere Gemeinden, die aufgrund vieler reicher Anwohner ein erhöhtes «Ausfallrisiko» tragen, geben sich lieber bedeckt. So heisst es etwa aus Crans-Montana VS, dass Menschen – wie in jeder Gemeinde – regelmässig zu- und wegziehen würden, man allerdings keine Informationen zu den Gründen habe.
Auch die Goldküsten-Gemeinde Herrliberg ZH gibt an, keine Kenntnis über Wegzugsgründe zu haben. Ganz anders tönt es in Val de Bagnes VS. Hier weiss man von keinen Wegzügen. Andere Reichen-Gemeinden haben auf die Blick-Anfrage nicht reagiert.