Darum gehts
- Russland könnte Sondierungsangriffe auf die Schweiz starten, warnen Experten
- Schweiz derzeit hilflos gegen Drohnen-, Raketen- und Marschflugkörperangriffe
- Bund bestellt 36 F-35-Jets und fünf Patriot-Einheiten für Luftverteidigung
Die Lage in Europa verschärft sich weiter. Letzte Woche tauchten russische Drohnen in Polen auf, am Freitag verletzten Kampfjets den Luftraum Estlands. Moskau scheint die Nato auf die Probe zu stellen, lotet aus, wie weit es gehen kann. Droht gar ein Luftangriff auf Zürich, Bern oder Genf?
Experten schliessen ein solches Szenario nicht mehr aus. «Die Gefahr besteht, dass Russland aus der Distanz auch Sondierungsangriffe auf die Schweiz startet», sagt Ex-Luftwaffenchef Bernhard Müller (68) gegenüber der «Sonntagszeitung».
«Wir haben keine verteidigungsfähige Luftabwehr»
Staatschef Wladimir Putin (72) könnte damit testen, wie ein neutrales Land und die Nato darauf reagierten, befürchtet Müller. «In Polen und den baltischen Staaten sehen wir schon jetzt, wie die Russen ständig die Grenzen ausloten.»
Schon vergangene Woche hatte Verteidigungsminister Martin Pfister (62) klargestellt, dass die Schweiz derzeit einem Drohnen-Angriff hilflos ausgeliefert wäre: «Unsere Luftverteidigung könnte Stand heute ein solches Eindringen von Drohnen nicht abwehren.»
Das aber gelte genauso für ballistische Lenkwaffen, Hyperschallraketen oder Marschflugkörper, mahnt Ex-Militär Müller: «Wir sind weit davon weg, eine verteidigungsfähige Luftabwehr zu haben.» Unklar ist, bis wann solche Attacken erfolgen könnten. «Für mich ist klar, dass wir vor 2030 bereit sein müssten.»
«Die nächste Stufe sind Angriffe aus der Luft»
Schon heute sind auch in der Schweiz immer wieder russische Nadelstiche spürbar. Die erste Phase hybrider Kriegsführung mit Cyberangriffen habe bereits begonnen, wird Paul Winiker von der «Sonntagszeitung» zitiert. «Die nächste Stufe sind Angriffe aus der Luft», sagt der ehemalige Luzerner Regierungsrat und Leiter der Strategiekommission der Vereinigung Pro Militia.
Das Verteidigungsdepartement VBS räumt ein, dass die vorhandenen Systeme wie F/A-18-Jets oder Flugabwehrkanonen «weder Klein- oder Mini-Drohnen noch Marschflugkörper, ballistische Lenkwaffen oder Hyperschallwaffen bekämpfen können».
Zumindest aber sei Besserung in Sicht: Der Bund hat 36 F-35-Kampfjets und fünf Patriot-Einheiten zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite bestellt. Damit könnte rund ein Drittel der Landesfläche geschützt werden. Nur: Auch diese Projekte kämpfen mit Mehrkosten und Verzögerungen. Zusätzlich ist der Bund daran, die Lücke bei mittleren Distanzen zu schliessen. Dazu werden fünf Iris-T-Feuereinheiten beschafft.
Doch sogar wenn alle geplanten Beschaffungen umgesetzt werden, bleibe das Problem der mangelnden Munition. Im Ernstfall wäre die Armee auch mit den neuen Waffen rasch ausgeschossen, wie die Zeitung weiter schreibt. So stelle sich die Frage, ob die Schweiz mit der jetzigen Planung wirklich wirksam gegen Bedrohungen aus der Luft zu schützen sei.