Darum gehts
- Einziger Überlebender des Dreamliner-Absturzes sass auf Platz 11A
- Hintere Sitzplätze bieten oft bessere Überlebenschancen bei Flugzeugunfällen
- Weg zum Flughafen ist gefährlicher als das Fliegen an sich
Beim Absturz des Dreamliners in Ahmedabad hat nur ein Passagier überlebt. Er sass auf dem Platz 11A und sei aus dem Fenster gesprungen, heisst es in Medienberichten. Wenn man sich den Sitzplan der Boeing 787 der Air India anschaut, sass der Passagier auf einem Sitz hinter einem der Notausgänge. Direkt über dem linken Flügel. Der Überlebende selber wisse aber gar nicht mehr, wie er aus dem Flieger rausgekommen sei, erzählte er seinem Vater nach dem Absturz. Man nimmt aber an, dass er sich durch den Notausgang retten konnte – nicht durchs Fenster.
Ist denn jetzt dieser Platz besonders sicher, oder war das nur reiner Zufall? Aviatikexperte Hansjörg Egger sagt zu Blick: «Man kann sogar eher sagen, dass das einer der unsichersten Plätze in einem Flugzeug ist.» Im vorderen Bereich seien die Überlebenschancen nämlich, in den meisten Fällen, am geringsten.
Am sichersten ist es im hinteren Teil
«Vor allem, wenn das Flugzeug auf ein Hindernis stürzt», sagt Egger. Wenn man sich verschiedene Unglücke anschaut, sei es meistens das Heck, das noch einigermassen unversehrt ist.
Auch beim in Südkorea verunglückten Jeju-Air Flug 2216 im vergangenen Dezember überlebten lediglich ein Flugbegleiter und eine Flugbegleiterin. Beide sassen im hinteren Teil des Flugzeuges. Bereits im Januar erklärte Aviatikexperte Peter Wild (56), der an der ETH zum Thema Luftfahrt lehrt, gegenüber Blick, dass die vorderen Sitze eher das Risiko haben, dass sie «in Konflikt mit einem Hindernis stehen».
Aber jeder Unfall sei anders. «So könnte man auch sagen, dass Sitze über dem Flügel sicherer sind, denn dort hat man die stärkste Flugzeugstruktur unter sich», gibt Wild zu bedenken. «Es gäbe Dutzende Szenarien, die man sich überlegen oder abwägen könnte.» Auch erhöhen Sitze bei einem Ausgang zwar die Chancen, schneller draussen zu sein, sie bringen aber auch die Gefahr mit sich, dass man bei einer Evakuierung eher überrannt wird, sagte der Experte damals.
Unterschiedliche Sitzpläne je nach Airline
Ein weiterer Knackpunkt ist auch, dass nicht alle Flugzeuge gleich aufgebaut sind. «Auch wenn sie vom gleichen Flugzeugtyp sind», sagt Experte Hansjörg Egger. Hier kann nämlich jede Airline ihr eigenes Layout auf ihre Flotte anwenden. «Es gibt immer mehr Airlines, die auf eine First Class verzichten, aber dann allenfalls eine Premium Economy einbauen», so Egger.
Peter Wild von der ETH ergänzt hierzu, dass es auch möglich ist, die Anzahl Sitzplätze zu reduzieren und das damit eingesparte Gewicht mit mehr Treibstoff auszugleichen. «So hat das Flugzeug eine höhere Reichweite.»
Alle diese Faktoren verändern natürlich den Sitzplan, und der variiert dann je nach Airline. So sieht der Sitzplan eines Dreamliners der Air India ganz anders aus als der Sitzplan einer Boeing 787 der United Airlines oder der japanischen Airline ANA.
Ansturm auf Sitzplatz 11A denkbar
Die Nummerierung der Sitze kann sich auch ändern, wenn ein Flieger revidiert wird oder eine neue Serie gebaut wird. «Der Sitz 11A ist kein Garant für mehr Sicherheit», sagt Egger. «Viele Airlines verzichten zum Beispiel auf die Sitznummer 13», sagt Egger. Die Nummer 13 wird mit Unglück assoziiert. Egger kann sich aber schon vorstellen, dass viele jetzt vielleicht diesen Platz bevorzugen und versuchen, ihn zu buchen. «Nüchtern betrachtet ist 11A aber keine magische Zahl; dass der Passagier überlebt hat, war einfach purer Zufall», sagt der Experte abschliessend.
Flugzeugabstürze sind trotzdem sehr selten: «Eine Person müsste im Durchschnitt 103'239 Jahre lang jeden Tag mit dem Flugzeug reisen, um einen tödlichen Unfall zu erleiden», so Wild. «Das Gefährlichste ist wohl der Weg an den Flughafen und von dort wieder nach Hause.»