Menschen bauen ziemlich viel Mist – gerade im Kontext der Liebe. Da ist es mit der Aufrichtigkeit, vor allem sich selbst gegenüber, meist nicht sehr weit: Es werden billige Affären eingegangen, bloss um nicht allein zu sein; es werden destruktive Beziehungen geführt, weil man glaubt, nicht mehr verdient zu haben; es werden Trennungen vermieden, weil man ihre Konsequenzen fürchtet, und stattdessen heimliche Liebschaften geknüpft. Und es ist alles andere als selten, dass diese Beziehungen offener, liebevoller und intimer sind als die offiziellen.
Wir haben eben eine starke Neigung, das Unangenehme zu umschiffen und in bequemen Gewässern zu segeln. Überall, wo wir uns konfrontieren müssten, mit alten Verletzungen und unbewältigten Konflikten, mit unseren Ängsten und vor allem unseren persönlichen Unzulänglichkeiten, wenden wir uns darum lieber ab, behaupten frech das Gegenteil und hoffen, dass sich unsere Probleme von allein lösen. Kurzfristig funktioniert das prima. Mittelfristig werden wir zu Heuchlern. Und langfristig verlieren wir das Wertvollste, was wir haben: ein gutes Verhältnis zu uns selbst.
Vertrauen und Zutrauen, das Richtige zu tun
Das gilt nicht nur für Ihre Schwiegertochter, die ihre Bedürfnisse im mehr oder weniger Verborgenen stillt, sondern auch für Ihren Sohn, der sicher merkt, dass etwas faul ist, aber nichts unternimmt. Als Mutter sind Sie natürlich empört und verspüren den Drang, Ihr Kind vor diesem Ungemach zu schützen. Aber so betrüblich diese Angelegenheit ist: Es geht Sie nichts an. Ihr Sohn ist mündig, das gibt ihm das Recht, eigenen Mist zu bauen. Ihn darauf hinzuweisen, bringt nichts, er wird sich nur verschliessen. Vertrauen Sie stattdessen lieber – ihm, ihr, Ihnen. Damit helfen Sie allen am meisten, selbst wenn es genauso weitergeht. Denn Vertrauen heisst zutrauen, das Richtige zu tun.