Man darf die Migration wohl als die grosse gesellschaftliche Krise unserer Zeit bezeichnen. Einerseits, weil so viele Menschen auf der Flucht sind wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr – rund 60 Millionen. Und andererseits, weil Flüchtlinge ziemlich heftige Allergien auslösen: Sie gelten weitherum als Mistkerle, die lieber in der Fremde stehlen und vergewaltigen, als in der Heimat tüchtig zu sein. Dass einer, der alles zurücklässt, das aus schierer existenzieller Not tut, wird dabei nicht nur vergessen. Es wird negiert.
Ab wann ist man «rechts»?
Die sogenannte Besorgnis über die sogenannt unkontrollierte Einwanderung wird deshalb in die rechte Ecke gestellt, weil sie üblicherweise nun einmal von dort kommt: aus der Ecke, in der sich jene versammeln, die bereit sind, ganzen Ethnien das Menschliche abzusprechen und das Unmenschliche anzudichten. Sie kennen keinen einzigen Flüchtling persönlich, wissen aber trotzdem ganz genau, «was das für Leute sind». Das spricht nicht für intellektuelle Sorgfalt. Eigentlich spricht es für überhaupt nichts Intellektuelles.
Man muss das Augenmass beim Migration-Problem wahren
Natürlich ist Migration nicht unproblematisch. Es gilt jedoch, das Augenmass zu wahren: Wie viele kommen wirklich? Wie benehmen sie sich? Warum erlauben wir ihnen nicht zu arbeiten? Und wie viel haben wir dazu beigetragen, dass sie flüchten? Zur Dürre? Zum Hunger? Und zur Hauptursache, dem Krieg? Erst kürzlich hat der Schweizer Bundesrat in seiner krankhaften Wirtschaftsfreundlichkeit erneut die Bestimmungen für den Export von Kriegsmaterial gelockert. Nun dürfen Schweizer Waffenfirmen auch in Bürgerkriegsländer liefern. Dieser himmelschreiend idiotische Entscheid wird abermals Hunderttausende zur Flucht zwingen. Wer also Besorgnis über Migration äussert, sollte das gesamte Bild in den Blick nehmen. Nicht nur die letztlich Unschuldigen.