Gerade weil wir immer wieder Trennungen durchleben und miterleben, weil sie also alltäglich sind, erliegen wir dem Glauben, sie seien harmlos. Wir stellen an uns den Anspruch, sie möglichst rasch und leicht zu verwinden, wollen «abschliessen» und «darüber stehen». Gelingt uns das nicht, halten wir uns für schwach und wehleidig. Doch Trennungen können reichlich traumatisch ausfallen. Dazu muss unser Partner sich nicht einmal besonders unfein von uns trennen.
Trennungsschmerz verarbeiten
Die Tatsache, dass ein wesentlicher Teil unseres Lebens über Nacht aufhört zu existieren, ist verstörend genug. Dass wir – und meist auch unser Umfeld – uns nicht so recht erlauben, darüber zu trauern, hilft nicht. Mit Fehlgeburten verhält es sich ähnlich: Sie kommen häufig vor, weswegen sie als Bagatellen behandelt werden, führen aber bei den betroffenen Frauen oft zu nachhaltigen Traumata – wohl nicht zuletzt deshalb, weil sie damit allein gelassen werden, ja, vielleicht sogar sich selbst damit allein lassen. Dabei handelt es sich auch hier um einen gewaltigen Verlust.
Ein halbes Jahr ist nicht lang. Seien Sie geduldig mit sich. Wenn es noch wehtut, tut es eben noch weh. Fragen Sie sich aber, was Sie genau schmerzt: Dass der geliebte Mensch nicht mehr da ist? Oder eher, dass Sie wieder mit sich allein sind? Meist ist es eine Mischung aus beidem.
Vom Herzschmerz zur Selbstliebe
Eine Trennung ist deshalb auch eine grossartige Chance, sich in Selbstliebe zu üben und alte Abhängigkeiten abzulegen. Die Gefühle, die Sie empfinden, gelten nur oberflächlich Ihrem Expartner. Darunter liegt die weitverbreitete Weigerung, sich selbst anzunehmen, wie man ist, und nett zu sich zu sein. Vermissen, wenn man so will, ist nichts anderes als romantisierte Selbstablehnung. Sobald Sie sie erkennen, wird sie sich in ihr Gegenteil zu verwandeln beginnen.