Darum gehts
Ein Glas Rotwein ist gut fürs Herz. Dieser Mythos, sofern es denn einer ist, hielt sich jahrzehntelang. Gestützt wurde er durch verschiedene Studien aus den 80er- und 90er-Jahren. Neuere Untersuchungen zeigen aber: Es ist kompliziert.
Eine Studie der American Heart Association, die im Juni 2025 in der renommierten Fachzeitschrift «Circulation» veröffentlicht wurde, deutet darauf hin, dass Menschen mit einem moderaten Alkoholkonsum (maximal ein bis zwei Getränke pro Tag) kein erhöhtes oder sogar ein reduziertes Risiko für koronare Herzkrankheiten, Schlaganfälle und Herzschwäche aufweisen.
Risiko für Brustkrebs
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Bericht der National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine (NASEM). Er wurde im Dezember 2024 publiziert und dient als Grundlage für die US-Ernährungsrichtlinien. Demnach war die Gesamtsterblichkeit bei Menschen mit einem moderaten Alkoholkonsum zwischen 16 und 23 Prozent niedriger als bei Menschen, die keinen Alkohol trinken. Das Risiko für einen Herzinfarkt sank um etwa 22 Prozent und das Risiko für einen Schlaganfall um rund 11 Prozent.
Die Kehrseite ist aber das Krebsrisiko. Laut dem NASEM-Bericht erhöht bereits ein moderater Alkoholkonsum das Risiko für Brustkrebs um rund 5 bis 10 Prozent. Der Grund ist, dass beim Abbau von Alkohol im Körper Acetaldehyd entsteht – ein giftiges Zwischenprodukt mit krebserregender Wirkung.
Verzerrte Ergebnisse
Die Forschenden weisen darauf hin, dass unklar ist, ob die beobachteten Herz-Vorteile verlässlich sind. Denn die Daten stammen aus Beobachtungsstudien, was zu verzerrten Resultaten geführt haben könnte. Die Experten argumentieren, dass moderate Weintrinker oft gebildeter und wohlhabender sind, mehr Sport machen und sich gesünder ernähren. Das heisst, der schützende Effekt könnte möglicherweise nicht vom Wein kommen, sondern vom Gemüse.
Ausserdem gab es in den Vergleichsgruppen der «Nicht-Trinker» trockene Alkoholiker, was dazu führte, dass die moderaten Trinker automatisch gesünder wirkten. Laut den Forschenden braucht es deshalb weitere Studien.