Darum gehts
- WHO: Kein Alkoholkonsum ist ohne Risiko für die Gesundheit
- Politiker fordern Marschhalt bei neuen Empfehlungen zum mässigen Alkoholkonsum
- 107 Langzeituntersuchungen zeigen keinen Gesundheitsvorteil bei moderatem Konsum
Ein Gläschen Wein sei gesund für das Herz – das ist ein Mythos, der sich beständig hält. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat damit längst aufgeräumt: Vor zwei Jahren hat sie in einem Fachjournal bilanziert, dass es beim Alkoholkonsum keine gesundheitlich unbedenkliche Mengen gibt.
Der Bund will noch dieses Jahr neue Empfehlungen zum Alkoholkonsum veröffentlichen – und es scheint, als würde er sich dabei an der WHO orientieren. So sagte die zuständige Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider (61, SP) kürzlich im Nationalrat: «Wissenschaftliche Studien zeigen, dass bereits ein moderater Alkoholkonsum gesundheitsschädlich sein kann.»
«Nicht die Aufgabe vom Staat»
Um zu verhindern, dass sich diese Haltung tatsächlich in den neuen Empfehlungen niederschlägt, leisten Politiker von links bis rechts nun Widerstand. Mitte-Ständerat Benedikt Würth (57, SG) hat einen Vorstoss eingereicht, in dem er einen «Marschhalt» bei den neuen Empfehlungen zum mässigen Alkoholkonsum fordert. Politiker aus FDP, SVP und SP haben ihn mitunterzeichnet.
«Nach den neusten Untersuchungen ist das wissenschaftlich nicht haltbar», begründet Würth. Im Vorstoss listet er verschiedene Studien auf: Eine vom US-Kongress in Auftrag gegebene Bewertung zeige etwa, dass moderater Konsum die Gesamtsterblichkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes leicht reduzieren würde – dafür allerdings das Krebsrisiko leicht erhöhe.
«Es ist nicht die Aufgabe des Staates, moderaten Alkoholkonsum zu verteufeln», so Würth. «Das ist bevormundend.» Natürlich sei Sucht ein Problem, dafür investiere man aber viel in die Prävention und Beratung.
Auch andere Länder empfehlen Verzicht
Tatsächlich gab es auch aus der Weinbranche Kritik an der WHO. Sie werfen der Organisation vor, sich auf Studien von Wissenschaftlern zu beziehen, die der Abstinenzbewegung nahestehen. Auch Ständerat Würth warf dies in einem früheren Vorstoss auf und nannte dabei explizit den Wissenschaftler Tim Stockwell. Eine Gruppe um Stockwell wertete 107 Langzeituntersuchungen aus und zeigte auf, dass in sich in qualitativ hochwertigen Studien kein Gesundheitsvorteil für Menschen mit moderatem Konsum ergebe.
Laut dem Innendepartement von Baume-Schneider basieren die Empfehlungen der WHO allerdings nicht nur auf dieser Studie. Tatsächlich stützen auch andere grosse Untersuchungen die Empfehlungen der WHO. Experten der Universität Stanford sagen etwa, dass sich die Beweislage verdichten würde: «Wir haben keine eindeutigen Beweise dafür, dass mässiger Alkoholkonsum gesundheitliche Vorteile bringt, aber wir haben eindeutige Beweise dafür, dass er schädlich ist.»
Auch die kanadischen Gesundheitsbehörden und die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfehlen, komplett auf Alkohol zu verzichten.