Darum gehts
- Ukraine mit Diplomatieoffensive, Russland eskaliert mit Raketenangriffen auf Kiew
- Mindestens zehn Menschen starben bei Raketenangriff auf Kiew
- Mögliches Gipfelszenario: Schweiz als Gastgeber, Saudi-Arabien als Vermittler, USA als Sicherheitsgarant
Eigentlich sollten zwischen der Ukraine und Russland aktuell Friedensgespräche laufen. Eigentlich. Denn seit dem Treffen von US-Präsident Donald Trump (79), Ukraine-Präsident Wolodimir Selenski (47) und hochrangigen Vertretern der EU vor zehn Tagen ist es ruhig um mögliche Verhandlungen geworden. An der Front eskaliert die Lage wieder. Die Hauptverantwortung dafür trägt vor allem Russland.
In der Nacht auf Donnerstag erschütterte ein neuer massiver russischer Raketenangriff die ukrainische Hauptstadt Kiew. Mindestens zehn Menschen starben. Gleichzeitig rücken die Truppen von Kremlchef Wladimir Putin (72) in der Region Dnipropetrowsk im Osten der Ukraine vor. Die Folge: heftige Kämpfe. Den russischen Vorstoss bestätigte Victor Trehubow, Sprecher örtlicher ukrainischer Bodentruppen, gegenüber der Nachrichtenagentur AP.
Ukraine-Delegation reist um den halben Globus
Selenski hat unterdessen eine Delegation auf eine Reise um den halben Globus geschickt. Präsidialamtschef Andrij Jermak (53) und Ex-Verteidigungsminister Rustem Umjerow (43) sollen die internationale Unterstützung aufrechterhalten, den Druck auf Russland erhöhen – und im besten Fall mit Sicherheitsgarantien zurückkehren.
Am Mittwoch waren Jermak und Umjerow in Saudi-Arabien, um dort Gespräche mit dem saudischen Verteidigungsminister und dem nationalen Sicherheitsberater über Friedenswege und die Rolle Saudi-Arabiens zu führen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Ferner steht am Donnerstag ein Treffen in der Schweiz an. Was und mit wem dort gesprochen wird? Unklar. Am Freitag treffen sie sich schliesslich in New York mit Vertretern der Regierung von Trump, wie Washington und Kiew bestätigten. Dabei soll es auch um mögliche Verhandlungen mit den Russen gehen.
Russland spielt auf Zeit
Trump hatte erst ein Treffen zwischen Putin und Selenski innerhalb von 14 Tagen angekündigt, sich zuletzt aber entnervt aus den Friedensgesprächen zurückgezogen. Ein Gipfel mit Putin in Alaska hatte nicht das Ergebnis gebracht, das er sich erhofft hatte. Am Wochenende meldete sich jedoch Vizepräsident J. D. Vance (41) zu Wort und signalisierte Optimismus, was die US-Vermittlerrolle anging.«Wir werden weiterhin alles tun, um die Sache zu einem Abschluss zu bringen», sagte er im NBC-Interview.
Während die Ukraine eine Diplomatieoffensive fährt, spielt Russland weiter auf Zeit und lässt lieber die Waffen sprechen. So sagte der russische Aussenminister Sergej Lawrow (75) dem US-Fernsehsender NBC in der vergangenen Woche, Putin sei bereit, sich mit Selenski zu treffen, wenn eine Tagesordnung für den Gipfel vorbereitet sei, «und diese Tagesordnung ist überhaupt noch nicht fertig».
Gipfelort weiter unklar
Auch über den Ort des Gipfels herrscht noch immer keine Einigkeit. Putin nannte in einem Gespräch die russische Hauptstadt Moskau, was Selenski sofort ablehnte. Aussenminister Ignazio Cassis (64) versuchte, die Schweiz als Gipfelort ins Spiel zu bringen – bislang vergeblich.
Österreich bot Wien als Plattform an. Grossartige Reaktionen darauf gab es nicht. Ähnlich verhielt es sich mit Istanbul. Trump favorisiert unterdessen Budapest, wo sein rechtskonservativer Freund Viktor Orban (62) regiert. Orban versteht sich auch mit Russlands Präsident gut. Von der Ukraine dürfte der Ort allerdings als nicht neutral bewertet werden.
Es wirkt, als ob die Ukraine in dieser Woche auf ein mögliches Gipfelszenario hinarbeitet: die Schweiz als Gastgeber, Saudi-Arabien als Vermittler und die USA als Sicherheitsgarant. Aber die Realität bleibt: Ohne Russlands aktive Teilnahme sind die Konferenzen praktisch wirkungslos.