Darum gehts
«Nyet Yet» (frei übersetzt: «noch nichts»): So beurteilte Donald Trumps (79) Lieblingszeitung «New York Post» am Tag nach dem US-Russland-Gipfel in Alaska den Fortschritt hin zu einem Kriegsende in der Ukraine. Genau eine Woche nach dem Treffen zwischen Trump und Kremlchef Wladimir Putin (72) stellen wir nüchtern fest: immer noch «nyet yet».
Statt Zugeständnisse zu machen, klammert sich der Kreml weiter an seine brutale Vision für die Ukraine. Einzig in zwei Punkten scheint Moskau bereit zu Verhandlungen. Doch: Ein Experte warnt vor einer neuen Mega-Falle, die Putin der Ukraine und dem friedenshungrigen Westen in diesen Tagen stellt.
Dass Putin der pompöse Empfang in Alaska inklusive aufgereihter US-Kampfflugzeuge, roten Teppichs und präsidialen Applauses nicht sonderlich beeindruckt hat, wird immer offenkundiger. Konkrete Schritte hin zu einem Kriegsende machte er keine. Einsicht? Fehl am Platz. Allein in der Nacht auf Donnerstag liess er erneut mehr als 500 Drohnen und 40 Raketen auf friedlich schlafende Ukrainer niederregnen.
Zu diesen Minischrittchen ist Putin bereit
Als Reaktion auf den Ukraine-Gipfel zwischen Trump, Wolodimir Selenski (47) und mehreren europäischen Staats- und Regierungschefs liess er seinen aussenpolitischen Wachhund Sergei Lawrow (75) in die Mikrofone bellen, Putin werde sich sicher nicht mit Selenski treffen, bevor die Ukraine den russischen Bedingungen zustimme.
Diese Bedingungen sind seit rund drei Jahren unverändert: Aufgabe des gesamten Donbass, kein Nato-Beitritt, keine westlichen Truppen im Land. Zudem betonte Aussenminister Lawrow, Russland werde allfällige Sicherheitsgarantien (also: das Versprechen anderer Länder, im Falle eines erneuten russischen Angriffs auf der Seite der Ukraine in den Krieg einzugreifen) nur dann akzeptieren, wenn sie vorher von Moskau abgesegnet sind. Absegnen würde Russland etwa Sicherheitsgarantien durch China, das Russland nach wie vor mit Bestandteilen für Waffensysteme versorgt. Ein Witz!
Zu zwei Minischrittchen wäre Kriegstreiber Putin laut Reuters allerdings bereit. Sollte die Ukraine tatsächlich die noch kontrollierten Gebiete im Donbass (inklusive der massiv befestigten Grossstädte Slowjansk und Kramatorsk) freiwillig räumen, würde Putin einer Einfrierung der Frontlinie in den südlichen Gebieten Cherson und Saporischschja zustimmen. Beide Gebiete gehören laut der russischen Verfassung seit dem Herbst 2022 zu Russland.
Das ist Putins neue Kriegsfalle
Andererseits soll Moskau willens sein, die eroberten Gebiete in den Gebieten Sumy, Charkiw und Dnipropetrowsk (insgesamt knapp 400 Quadratkilometer) zurückzugeben, wenn die Ukraine den Russen die rund 6600 Quadratkilometer im Donbass überlässt, die Putins Truppen noch nicht erobert haben. Einen schlechteren Deal könnte Putin Selenski kaum unterbreiten. Der ukrainische Präsident hat unmissverständlich klargemacht, dass er nicht darauf eingehen werde.
Also zweimal gar nichts von Putins Seite? Viel schlimmer noch, sagt Klemens Fischer (61), Professor für internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität Köln. «Putin hat eine neue Gesprächsbasis zwischen sich und Trump etabliert und damit seine Manövrierfähigkeit massiv ausgeweitet.» Die Ukrainer und Europäer seien jetzt nicht mehr die Einzigen, die direkt und ohne mühsame Umwege über Sondergesandte mit Trump diskutieren könnten. «Dadurch hat Putin eine neue Möglichkeit eröffnet, auf Zeit zu spielen.»
Kurz: Putins vermeintliche Gesprächsbereitschaft, die er mit seiner Reise nach Alaska signalisierte, ist nichts als eine weitere Falle, ein mieser Zug in seiner Verzögerungstaktik, mit der er das Ende des Grauens in der Ukraine auf unbestimmte Zeit hinauszögern kann.
Plötzlich neue Töne von Trump
Ein typisches Beispiel für die russische Taktik, vordergründig das eine anzustreben und hintergründig das exakte Gegenteil zu tun, sagt Experte Fischer. Russland bleibe der unangefochtene Meister der Maskirowka-Taktik, eines nach einem mittelalterlichen russischen Prinzen benannten Ablenkungsmanövers. Besagter Prinz lockte 1380 das mongolische Heer vor Moskau damit in den Hinterhalt und schlug den übermächtigen Gegner nieder.
Ein ähnlicher Hinterhalt droht auch der Ukraine, sollte US-Präsident Trump seinem «lieben Wladimir» (Zitat aus der Pressekonferenz in Alaska) in die Falle tappen. Jüngst aber scheint sich Trump dann doch nicht mehr ganz so sicher gewesen zu sein, wie sehr er seinem russischen Nachbarn (Alaska liegt an der engsten Stelle nur gerade 3,8 Kilometer von Russland entfernt) trauen kann.
Die Ukraine müsse eben «offensiv» reagieren, wenn sie den Krieg gegen den «Angreifer» gewinnen wolle, riet Trump Selenski auf seiner Plattform Truth Social. «Spannende Zeiten» stünden bevor, prophezeite Trump. Immerhin damit dürfte er goldrichtig liegen.