Darum gehts
- Israel greift Ziele im Iran an, um das Land an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern
- Forscher warnen vor Rüstungswettlauf der Atommächte in angespannter Weltlage
- Weltweiter Gesamtbestand: 12'241 Atomsprengköpfe
Israel attackiert seit mehreren Tagen Ziele im Iran – darunter Atomanlagen, führende Militärs, Atomwissenschaftler, Verteidigungsstellungen und Öl- und Erdgasfelder. Das erklärte Hauptziel ist es, die islamische Republik an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern.
Der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA liegen zwar keine Beweise für einen systematischen Versuch des Irans vor, an Atomwaffen zu gelangen. Doch versteckte Aktivitäten könnten nicht ausgeschlossen werden.
Und: Laut dem jüngsten IAEA-Bericht hatte der Iran zuletzt seine Vorräte von beinahe atomwaffenfähigem Uran stark gesteigert. Teheran bestreitet, mit dem Material Nuklearwaffen bauen zu wollen.
Neun Staaten der Erde gelten als Atommächte
Angesichts der höchst angespannten Weltlage warnt das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri vor einem erneuten Rüstungswettlauf der Atommächte. Wie aus dem neuen Jahresbericht des unabhängigen Instituts hervorgeht, werden die weltweiten Atomwaffenarsenale immer weiter ausgebaut und modernisiert.
Den weltweiten Gesamtbestand an Atomsprengköpfen schätzt Sipri auf 12'241. Davon befinden sich rund 9614 für den potenziellen Einsatz in militärischen Lagerbeständen – das sind etwa 29 mehr als im Vorjahr.
Acht Staaten gelten offiziell als Atommächte: USA, Russland, Grossbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan und Nordkorea. Hinzu kommt Israel, das öffentlich aber nach wie vor nicht einräumt, im Besitz nuklearer Waffen zu sein.
USA und Russland
Sie sind die Big Player. Das ist historisch bedingt. Die beiden Grossmächte lieferten sich besonders im Kalten Krieg ein Wettrüsten. Zusammen verfügen sie über fast 90 Prozent aller Atomwaffen weltweit.
Russland verfügt mit über 5449 Atomsprengköpfen über die meisten bestätigten Atomwaffen. Die USA folgen mit 5244 Atomwaffen.
2022 vollzog Russland nach seinem Einmarsch in die Ukraine seinen Austritt aus dem Abrüstungsvertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag). Das Land von Kremlchef Wladimir Putin (72) setzte damals auch den letzten grossen atomaren Abrüstungsvertrag New Start mit den USA ausser Kraft. Gespräche über ein Nachfolgeabkommen liegen seitdem auf Eis. Findet sich keine Lösung, läuft der Vertrag im Februar 2026 aus.
2019 hatten die USA unter dem damaligen wie heutigen Präsidenten Donald Trump (79) den INF-Vertrag zum Verzicht auf landgestützte atomare Kurz- und Mittelstreckenraketen gekündigt und ein Jahr später auch den Rückzug aus dem Vertrag Open Skies über internationale militärische Beobachtungsflüge angekündigt. Daraufhin hatte auch Russland den Open-Skies-Austritt verkündet.
China
Im Schatten Washingtons und Moskaus kristallisiert sich derweil immer stärker eine dritte führende Atommacht heraus, die sich laut Sipri mitten in der umfassenden Modernisierung und Ausweitung ihres Atomwaffenprogramms befindet: China. Die chinesischen Bestände werden von dem Institut auf etwa 600 nukleare Sprengköpfe geschätzt. Das sind mittlerweile mehr als Frankreich (290) und Grossbritannien (225) zusammen.
«Chinas Atomwaffenarsenal wächst schneller als das jedes anderen Landes: seit 2023 um etwa 100 neue Sprengköpfe pro Jahr», heisst es im Sipri-Bericht. Tendenz: weiter steigend.
Nordkorea
Wie viele Sprengköpfe Nordkorea hat, ist unklar. Schätzungen zufolge verfügt Nordkorea jedoch über genügend spaltbares Material für die Entwicklung von 40 bis 50 einzelnen Waffen. Machthaber Kim Jong Un (41) soll dabei Unterstützung durch Russland bekommen. «Im Gegenzug für Truppen und Waffen unterstützt Russland Nordkorea bei seinen Raketen- und Nuklearprogrammen», sagte Nato-Generalsekretär Mark Rutte (58) im Dezember 2024. Nordkorea könnte nach Ruttes Worten die koreanische Halbinsel destabilisieren und sogar die USA bedrohen.
Indien und Pakistan
Dann wären da noch Indien (180 Atomwaffen) und Pakistan (170 Atomwaffen). Nach der jüngsten Konfrontation zwischen den beiden rivalisierenden Atommächten herrscht seit Mitte Mai eine Waffenruhe unter ihnen. Es habe eine Gefahr bestanden, einen konventionellen Konflikt in eine nukleare Krise zu verwandeln, erklärt Sipri-Experte Matt Korda. «Dies sollte eine eindringliche Warnung für Staaten sein, die ihre Abhängigkeit von Atomwaffen erhöhen wollen.»
Die jüngsten Feindseligkeiten zwischen Indien und Pakistan zeigten, dass Atomwaffen keine Konflikte verhinderten, sagt er. «Es ist entscheidend, sich daran zu erinnern, dass Atomwaffen keine Sicherheit garantieren.»
Israel
Die Gesamtzahl der Sprengköpfe Israels ist unbestätigt. Israel soll Experten zufolge über Material für bis zu 200 Sprengköpfe verfügen. Schätzungsweise 90 Sprengköpfe könnten einsatzbereit sein.
In diesen Ländern sind Atomwaffen stationiert
Die USA haben mit Nuklearwaffen bestückte Flugzeuge in Belgien (15), Deutschland (15), Italien (35) und der Türkei (20) stationiert. Russland wiederum soll einen Teil seiner Atomwaffen nach Belarus gebracht haben. Das behauptete zumindest der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko. Wie viele Atomwaffen sich im Land befinden, ist unklar.