Darum gehts
- Forster-Küchenbauer in Krise: Lohnzahlungen ausstehend, Machtkampf in Führungsetage tobt
- Forster-Liebespaar heiratet trotz Krise, Gewerkschafterin bringt Blumen und Zustupf
- 135 Angestellte betroffen, Verwaltungsrat einigt sich auf Beantragung von Nachlassstundungen
Was für eine Horror-Woche für die 135 Angestellten vom Thurgauer Küchenbauer Forster! Das ewige Hin und Her mit ihren ausstehenden April-Löhnen, die Angst vor dem Ausfall der Mai-Löhne und der tobende Machtkampf in der Führungsetage setzt der Forster-Belegschaft zu.
Selbst für eine Gewerkschafterin ist das nicht Alltag, wie Anke Gähme gegenüber Blick sagt. Sie ist Regioleiterin der Unia Ostschweiz-Graubünden und war diese Woche stets in Arbon TG zugegen. Und was sie da erlebt hat, hatte es in sich.
Forster-Liebespaar heiratet ausgerechnet jetzt
Blick erreicht Gähme am Freitagnachmittag. Sie sitzt im Auto und ist gerade auf dem Weg zu einer Hochzeit. Genauer: Zu einer Forster-Hochzeit! Denn sowohl die Braut als auch der Bräutigam arbeiten beim Thurgauer Krisen-Küchenbauer.
«Sie machten in den letzten Tagen eine sehr schwierige Zeit durch – ausgerechnet vor dem schönsten Tag ihres Lebens», erzählt Gähme. Die Frau sei schwanger und erwarte im August den Nachwuchs.
Dass das Forster-Debakel die Hochzeitsstimmung ruiniert, stimmt Gähme traurig. Sie wolle deshalb an diesem Freitagnachmittag mithelfen, dass sich das Paar auf ihre Liebe konzentrieren könne. «Ich bringe im Namen der Unia einen Blumenstrauss vorbei und einen kleinen finanziellen Zustupf, damit das neue Ehepaar diese schwierige finanzielle Zeit überbrücken kann», sagt Gähme.
Streit vor dem Büro
Am Freitagmorgen war von Liebe bei Gähme noch nicht viel zu spüren. Sie überbrachte einen Unia-Protestbrief an die Geschäftsleitung, den fast die ganze Belegschaft unterschrieben hat. Die Forderungen: Sofortige Beantragung von Nachlassstundungen und der Rücktritt der Geschäftsleitung!
Gähme lieferte das Schreiben bei Andreas Sandmann (63) ab. Beim Verlassen des Büros traf sie auf Küchen-König und Financier Max Müller (78) und die heutige Finanzchefin Ipek Demirtas (58). Müller ist aktuell Forster-Verwaltungsratspräsident, Demirtas sitzt zusammen mit dem Winterthurer Immo-König Giovanni Cerfeda (70), der Forster retten will und sich gegen seine Management-Kollegen auflehnt, ebenfalls im Verwaltungsrat.
Plötzlich wurde es laut: «Es gab ein Wortgefecht, das war alles andere als sachlich», erzählt Gähme. «Mir wurde an den Kopf geworfen, dass die Unia für das Debakel mit Forster verantwortlich sei. Darüber konnte ich nur den Kopf schütteln.» Gähme bleibt nach eigenen Angaben ruhig und erklärte Müller und Demirtas nochmals ihre Forderungen.
«Da ist viel Trauer, Wut und Ohnmächtigkeit dabei»
Offenbar hat es genützt. Bei der Verwaltungsratssitzung am Freitagabend einigen sich Müller, Demirtas und Cerfeda auf die Beantragung von Nachlassstundungen. Das Bezirksgericht Arbon muss nun entscheiden.
Gähme freut sich darüber, wie sie zu Blick am Samstagmittag sagt. «Wir sind froh, dass mit dem Entscheid des Verwaltungsrats der erste Schritt für einen Neuanfang getan ist. Es scheint, dass die zukunftsorientierten Kräfte, die nicht nur sich selbst, sondern den Betrieb und die dort Beschäftigten im Fokus haben, durchsetzen konnten. Jetzt muss es zügig weitergehen.» Damit dürfte sie wohl Cerfeda meinen, der als Sieger aus dem Machtkampf hervorgehen dürfte.
Trotzdem: Bis heute Samstag ist immer noch kein Geld geflossen. Die Angestellten sitzen auch dieses Wochenende weiter auf dem Trockenen. «Da ist viel Trauer dabei, auch Wut und Ohnmächtigkeit», sagt Gähme. «Ich mache das nicht zum ersten Mal, aber ich muss in diesem Fall wirklich sagen: Das ist eine tolle Belegschaft, die voll hinter dem Produkt steht. Alle warten auf einen Neustart.»