«Er begrüsste mich mit einer Faust»
0:46
Angriff auf Forsters Ex-Kader:«Er begrüsste mich mit einer Faust»

Sie stecken mitten in einem riesigen Betrugs-Prozess
Das sind die Köpfe hinter dem Thurgauer Küchenbauer

Bei Forster aus Arbon TG warten 135 Angestellte seit Wochen auf den Lohn. Von den Chefs des Küchenbauers werden sie immer wieder vertröstet. Blick stellt die wichtigsten Protagonisten vor. Sie haben alle eine Vergangenheit im Küchenbusiness.
Publiziert: 00:01 Uhr
|
Aktualisiert: vor 7 Minuten
1/6
Max Müller (78), Verwaltungsratspräsident beim Küchenbauer Forster in Arbon TG.
Foto: PD

Darum gehts

  • Forster-Mitarbeiter warten auf April-Lohn. Geschäftsleitung vertröstet täglich
  • Führungskräfte haben Vergangenheit bei insolventer Küchenfirma Alno
  • 135 Angestellte betroffen, 56 Anklagepunkte gegen ehemalige Alno-Chefs
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Patrik_Berger_Redaktor Wirtschaft Desk_Ringier Blick_1-Bearbeitet.jpg
Patrik BergerRedaktor Wirtschaft

Die Angst geht um bei den 135 Angestellten des Thurgauer Küchenbauers Forster. Steht ihr Arbeitgeber vor dem Aus? Seit drei Wochen warten sie mittlerweile schon auf den April-Lohn – es geht um 800'000 Franken. Immer wieder wird ihnen versprochen, dass der Zahltag überwiesen wird. Tag für Tag werden die Angestellten aufs Neue vertröstet.

Der Ärger ist entsprechend gross in der Belegschaft. Nur noch jeder dritte Angestellte erscheint am Donnerstag zur Arbeit. Für Verunsicherung sorgt zudem ein Schreiben, dass die Mitarbeiter im Laufe des Tages erhalten haben: Sie müssen bis heute Freitag, um 12 Uhr, ihre Leasing-Fahrzeuge zurückgeben.

Unterzeichnet sind die schlechten Nachrichten an die Mitarbeitenden von CEO Andreas Sandmann (63) und seiner Vorgängerin und heutigen Finanzchefin Ipek Demirtas (58).

Vergangenheit bei konkursitem Küchenbauer

Beide kennen sich aus im Küchenbusiness und haben schon früher eng zusammengearbeitet. Immer wieder standen sie in der Vergangenheit in den Schlagzeilen. Andreas Sandmann ist seit dem 1. Januar 2025 Chef von Forster. Zuvor war er Deutschland-Chef der Baumarktkette Obi und Mitglied der Geschäftsleitung des Lebensmittel-Grosshändlers Metro. Und: Sandmann war Vertriebschef beim deutschen Küchenbauer Alno, als dieser 2017 Konkurs gegangen war. 1400 Angestellte haben damals ihren Job verloren.

Pikant: Auch Ipek Demirtas hat eine Vergangenheit bei Alno in Pfullendorf (D). Seit Anfang Jahr steht sie wegen der Alno-Pleite in Stuttgart (D) vor Gericht. Sie ist Mitinhaberin von Forster und war bis Ende 2024 – also bis unmittelbar vor Prozessbeginn – auch als Chefin tätig. Heute ist sie Finanzchefin und sitzt weiter im Verwaltungsrat.

Die Unternehmerin mit kurdisch-türkischen Wurzeln ist in einem Bergdorf in Ostanatolien ohne Wasser und Strom geboren, wie sie der «Thurgauer Zeitung» in einem Porträt 2024 erzählte. Die Tochter von Gastarbeitern in Deutschland hat sich hochgearbeitet, war zehn Jahre lang als Wirtschaftsprüferin bei Pricewaterhouse-Cooper tätig. 2010 wird sie Finanzchefin beim Küchenbauer Alno, ab 2011 sitzt sie im Vorstand – bis zur Insolvenz.

Küchen-König angeklagt

Sie ist aber nicht die einzige Forster-Persönlichkeit, die vor Gericht steht: Auch der Küchen-König und Financier Max Müller (78) ist angeklagt. Er war zum Zeitpunkt der spektakulären Pleite Vorstandsvorsitzender von Alno. Heute ist er Verwaltungsratspräsident von Forster und bei den Krisensitzungen in Arbon dabei. Bei einem Besuch von Blick am Dienstag stand seine Limousine auf dem Mitarbeiterparkplatz.

Müller stammt aus Schaffhausen. Auch er hat sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet. Sein Vater war Büezer bei Georg Fischer in Schaffhausen, wie er vor Gericht erzählt. Als 11-Jähriger hat Müller an einer Tankstelle sein erstes Geld verdient. Mit 16 Jahren ist er nach Basel gezogen. «Ich bin gesundheitlich angeschlagen», sagt er den Richtern. «Auch mit 78 Jahren muss ich noch arbeiten, um die Behandlungen bezahlen zu können», sagt er den Tränen nahe, wie die «Schwäbische Zeitung» berichtet.

Vorwurf: Kreditbetrug, Konkurs und Untreue

Max Müller und Ipek Demirtas müssen sich in Stuttgart unter anderem wegen Insolvenzverschleppung, Kreditbetrug, Bankrott und Untreue verantworten. Insgesamt umfasst die Anklage 56 Punkte. Der Staatsanwalt soll über eine Stunde gebraucht haben, um alle Punkte vorzutragen, welche die Ermittler gefunden haben. Fast 30 Verhandlungstage bis im September sind bereits anberaumt.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war Alno schon lange vor dem Sommer 2017 pleite. Das habe der Vorstand gewusst – und verschleiert. Die Angeklagten sollen zudem über Jahre Gelder veruntreut haben. Max Müller und Ipek Demirtas bestreiten vor Gericht sämtliche Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Gegenüber Blick sagen Müller und Demirtas: «Die Alno-Verfahren laufen bereits seit 11 Jahren. Von ehemals 12 Prozessen sind alle bis auf einen so gut wie abgeschlossen. Unsere Anwälte gehen davon aus, dass sie auch diesen in wenigen Monaten erfolgreich abschliessen können.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.