Darum gehts
- US-Zölle auf Schweizer Produkte sinken, Industrie profitiert von Lücken
- Flugzeuge, Kaffee und Gold sind von Zollausnahmen betroffen
- Pharmakonzerne investieren 100 Milliarden Dollar in den USA
Die Schweiz war die grosse Verliererin: Mit 39 Prozent hat US-Präsident Donald Trump (79) der Eidgenossenschaft einen der höchsten Zölle aller Industrienationen aufs Auge gedrückt. Nun soll der Zollsatz bald auf 15 Prozent sinken. Jubel bricht deshalb zwar keiner aus. Doch so langsam zeigt sich: Die Schweizer Industrie profitiert von immer mehr Lücken in der US-Zollwand. Ist alles gar nicht so schlimm? Blick liefert einen Überblick zu den Zollausnahmen.
Flugzeuge
Der Schweizer Flugzeugbauer Pilatus mit Sitz in Stans NW war einer der grossen Verlierer der US-Zölle von 39 Prozent. Zwischenzeitlich musste der Export der in den USA so beliebten Flugzeuge aus Nidwalden gar eingestellt werden. Nun aber wird wieder geliefert, wie die Flugzeugwerke gegenüber Blick bestätigen. Laut der US-Luftfahrtvereinigung National Business Aviation Association (NBAA) haben die USA sowohl Südkorea als auch der Schweiz zugesichert, zu einem Abkommen von 1979 zurückzukehren. Damals verpflichteten sich über 30 Staaten zu zollfreiem Handel im zivilen Flugzeugbau. Diese Regelung war wegen Trumps Zollhammer ausser Kraft gesetzt. Nun werde sie wieder berücksichtigt, schreibt NBAA in einer Mitteilung. Bedeutet: Der gegenseitige Null-Prozent-Zoll ist zurück! Zumindest im Fall von Südkorea und der Schweiz.
Kaffee
Die Zölle waren auch für den Kaffeeriesen Nespresso mit Sitz in Vevey VD ein herber Schlag. Die Kapseln sind in den USA ein Verkaufsschlager. Am 13. November konnte der Konzern aufatmen. Wegen der steigenden Inflation – die gemäss Donald Trump in den USA gar nicht mehr existiert – hob der US-Präsident die Zölle auf einigen Lebensmitteln auf. Darunter neben Bananen, Tee, Tomaten, Kakao oder Rindfleisch auch Kaffee, die der Präsident auf seinem Kurznachrichtenportal Truth Social schrieb. Für die Schweiz ist der neue US-Nulltarif für Kaffee wichtig. Ist sie doch im Handel von Rohkaffee und beim Export von gerösteten Kaffeebohnen weltweit führend, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Gold
Seit Trump die hohen Strafzölle für Handelspartner ins Spiel gebracht hat, ist Gold zum grossen Zankapfel geworden. Die Schweiz ist die weltweit grösste Verarbeiterin des Edelsmetalls. Das Gold gelangt in die Schweiz, wird in den Raffinerien eingeschmolzen und in Form gegossen. In grosser Zahl gehen die Goldbarren danach in die USA und tragen einen grossen Batzen zum Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber im Handel mit der Schweiz bei.
In der Schweiz wurden deshalb Forderungen laut, die Goldexporte in die Staaten einzustellen. Swatch-Patron Nick Hayek (70) forderte im Blick gar, dass die Schweiz höchstselbst die Goldbarren im Export in die USA mit einem Zollsatz von 39 Prozent belegt. Trump wolle das Gold und sei dann womöglich zu Verhandlungen bereit, so Hayeks Argument. Trotz aller Turbulenzen blieb das Edelmetall bisher von Zöllen verschont.
Als Zugeständnis für den Deal soll die Schweiz aber vermehrt Gold in den USA weiterverarbeiten. Das kündigte der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer (45) an. Aber wollen das die Schweizer Goldverarbeiter überhaupt? Christoph Wild (66), Präsident der Schweizerischen Edelmetallvereinigung ASMP, sagt zu Blick: Grundsätzlich sei die Industrie offen für kreative Vorschläge, um das Handelsdefizit zu verringern. Aber: «Wir müssen uns aber sehr genau überlegen, was wirtschaftlich sinnvoll ist»,
Pharma
Der zweite Zankapfel war die Pharmaindustrie: Der US-Präsident will die hohen Medikamentenpreise in den USA senken. Und hat deshalb massiven Druck auf die Pharma-Konzerne ausgeübt. So drohte er per 1. Oktober mit Zöllen von 100 Prozent. «Wir werden einen Zollsatz von 100 Prozent auf alle Marken- oder patentierten Medikamente erheben», schrieb Trump auf Truth Social. Ausnahmen gebe es nur für Unternehmen, die ihre Produktion in die USA verlagern. Auf deren Arzneimittel werde kein Zoll erhoben, wenn mit dem Bau einer Produktionsstätte für die entsprechenden Medikamente in den USA begonnen wurde.
Diesen Wink mit dem Zaunpfahl haben die beiden grossen Schweizer Player Roche und Novartis verstanden. Sie investieren massiv in den USA. Erst diese Woche hat Novartis bekanntgegeben, dass in North Carolina ein Produktionszentrum für Schlüsselmedikamente entsteht. 700 neue Jobs werden dort geschaffen. Novartis-CEO Vas Narasimhan (49) will künftig alle Medikamente für US-Kunden in Amerika herstellen. Er hat Investitionen von 50 Milliarden Dollar angekündigt. Ebenfalls 50 Milliarden Dollar will Roche in den USA investieren. Solche Bekenntnisse sind ganz nach dem Gusto von Donald Trump: Er schliesst Medikamente im neusten Zollabkommen mit der Schweiz von Zöllen aus.