Am Dienstagmorgen früh sitzt Nick Hayek (70), Chef der Swatch Group, wie gewohnt in seinem Büro in Biel BE. Er hört Radionachrichten, liest den Artikel im Blick und staunt, dass alle zuerst einmal erleichtert darüber sind, dass Trump wenigstens unser Gold verschont mit Zöllen.
Hayek greift zum Telefon und ruft Blick an. Er schildert seine Idee: «Wir Schweizer sollen jetzt nicht einfach nur Danke sagen. Jetzt ist der Moment, in die Offensive zu gehen», sagt Hayek. «Die Schweiz soll eine Exportsteuer auf Goldbarren von 39 Prozent für die USA erlassen. So wie das Trump bei Chipfirmen wie Nvidia macht.»
Denn für Hayek ist klar: «Wenn Trump auf seinem Kanal Truth Social verkündet, keine Zölle auf Goldbarren zu erheben, dann weil ihm das offenbar sehr wehtut. Dort müssen wir ihn packen. Das ist seine Achillesferse!»
Die Schweiz müsse jetzt strategischer vorgehen: «Ja, Trump würde wütend werden. Aber das macht nichts. Wir haben als Schweiz dann eine bessere Verhandlungsposition und können verhandeln.»
Selbst wenn der Plan nicht aufginge, wäre das besser als die aktuelle Situation, findet Hayek: «Wenn Trump nicht auf unseren Druck eingeht, verbessern wir immerhin die Handelsbilanz mit den USA, wenn die Amerikaner die Goldbarren nicht mehr über die Schweiz beziehen. Und die Handelsbilanz war ja das Argument von Trump für die horrenden Zölle gegen uns.»
Wie Pfadfinder in kurzen Hosen
Hayek hinterfragt das bisherige Vorgehen des Bundeserats: «Die bisherige diplomatische, defensive Strategie hat offensichtlich nicht funktioniert. Unsere Verhandler standen am Schluss wie Pfadfinder in kurzen Hosen da». Die Schweiz müsse jetzt mutig werden. «Ob 39 Prozent oder 100 Prozent Zoll – das kommt dann auch nicht mehr drauf an.»
Wenn Trump keine Steuern auf Gold wolle, dann nicht, weil er der Schweiz etwas Gutes tun wolle, sondern weil das Konsequenzen in Amerika hätte, ist der Swatch-Chef überzeugt. Das müsse die Schweiz nun ausnutzen.
US-Uhrenfans weichen auf Karibikschiffe aus
Auch wenn im ersten Halbjahr Schweizer Uhren für über 2,5 Milliarden Franken in die USA exportiert wurden, sieht Hayek sein eigenes Geschäft nicht in Gefahr. «Die Konsumenten von Uhren wollen etwas Exklusives kaufen – und kaufen die Uhr dann halt nicht mehr in Amerika.» Der Verkauf der neusten Moonswatch am Samstag weltweit und am Montag in Zürich war ein Vorgeschmack. Die exklusive Uhr war innert Kürze vergriffen.
Die Amerikaner würden dem Zoll von 39 Prozent einfach ausweichen, so Hayek. Das funktioniere weltweit: «Wir sind auf 100 Karibikschiffen und verkaufen dort Uhren zollfrei. Das wird wohl noch mehr zunehmen. Und die Amerikaner gehen über die Grenze nach Kanada oder Mexiko und kaufen sich dort die Uhr. Uhrenkäufer schauen sowieso laufend, wo sie das Produkt günstiger bekommen.»
«Schweiz muss sich endlich trauen»
Hayek nennt Beispiele: Als Grossbritannien die Mehrwertsteuerbefreiung auch auf Uhren abgeschafft habe, seien die Verkäufe in Paris auf das Fünffache gestiegen. Das Gleiche in China, als die eine Luxussteuer eingeführt hätten: Die chinesischen Uhrenkäufer seien auf Hongkong oder Macau ausgewichen.
Für Hayek ist klar: «Die Schweiz muss sich endlich trauen, den Spiess umzudrehen.» Damit die Schweiz wieder etwas zum Verhandeln in der Hand hat und nicht in kurzen Hosen dasteht.