Darum gehts
- Migros entfernt Lindt-Schokolade aus Regalen aufgrund von Preisstreit
- Migros setzt Frey als Marktführer im Schweizer Schokoladenmarkt ein
- Lindt erhöhte Preise für Tafelschokolade um 20 bis 50 Prozent
In den Schoggi-Regalen der Migros gibts aktuell Lücken. Die Detailhändlerin hat gewisse Schokoladentafeln von Lindt aus dem Angebot entfernt. «Lieferunterbruch» steht dazu auf den Preisschildern. Dahinter steckt aber ein knallharter Kampf um die Einkaufskonditionen zwischen dem orangen Riesen und dem Schoggi-Giganten aus Kilchberg ZH. Sprich: Ein Preisstreit ist ausgebrochen.
Die Migros stellt sich auf den Standpunkt, Waren in der Schweiz zu fairen Konditionen einkaufen zu wollen. «Damit stellen wir sicher, dass unsere Kundinnen und Kunden für ein Markenprodukt nicht zu viel bezahlen», teilte eine Sprecherin gegenüber «CH Media» mit. Was sie nicht sagt: Der Detailhändlerin geht es auch um den Schutz ihrer Marge in einem hart umkämpften Markt. Muss die Migros im Einkauf mehr für ein Produkt zahlen, kann sie entweder den Preis für die Kunden erhöhen oder die höheren Kosten selber tragen.
Im aktuellen Fall dürfte es aber eher darum gehen, dass die Migros tiefere Einkaufspreise bei Lindt durchdrücken will. Der edle Schoggi-Riese hat innerhalb eines Jahres die Preise für Tafelschokolade, Pralinen oder Mini-Täfelchen in vielen Fällen zwischen 20 und 50 Prozent erhöht, wie eine Recherche von Blick im Juli ergeben hat. Lindt begründete den Schritt mit dem gestiegenen Kakaopreis. Der internationale Preis für Kakao ist aber seit diesem Sommer um 20 Prozent gefallen. Und seit dem historischen Hoch von Dezember 2024 gar um über 50 Prozent. Im harten Kampf mit den Mitbewerbern Coop, Aldi und Lidl will sich die Migros also bessere Bedingungen für Lindt-Schoggi erstreiten.
Migros hat mit Frey den Schoggi-Marktführer
Indem sie nun gewisse Produkte von Lindt aus den Regalen schmeisst, erhöht die Migros-Gruppe um Chef Mario Irminger (60) den Druck. Der erfahrene Verhandler an der Migros-Spitze setzt damit ein erstes öffentliches Signal im Preisstreit-Psychospiel, das ansonsten in den Hinterzimmern mit geheimen Gesprächen ausgetragen wird. Er hat aber nicht gleich den Trumpf-Puur ausgespielt, denn gewisse Schoggi aus dem Hause Lindt ist immer noch in den Filialen des orangen Riesen erhältlich. Im mittlerweile beigelegten Streit von diesem Jahr mit dem US-Getränkegiganten Coca-Cola haben die Migros und Denner grossflächig beliebte Marken wie Fanta, Sprite und Coca-Cola aus dem Angebot geworfen – und teilweise durch türkische Limonade ersetzt.
Denner sitzt bei den Verhandlungen mit Lindt ebenfalls mit am Tisch. Der Schoggi-Hersteller sieht sich also gleich mit zwei Grössen des Schweizer Detailhandels konfrontiert. Die Mutter Migros und ihre Discounter-Tochter kommen zusammen auf einen Marktanteil von rund 45 Prozent. Gleichzeitig hat Migros-Chef Irminger noch ein anderes Ass im Ärmel: Der orange Riese hat mit Frey den Marktführer im hiesigen Schoggimarkt in der Hinterhand. Gleichzeitig ist die Eigenmarke deutlich günstiger als Lindt. Die 100-Gramm-Tafel Milchschokolade von Lindt verkauft die Migros für 3.60 Franken. Die Frey-Milchschoggi kostet dagegen 2.50 Franken. Und die edlen «Excellence»-Tafeln aus Kilchberg sind gar 2 Franken teurer als die vergleichbare «Suprême»-Version aus Frey-Eigenproduktion.
Lindt ist als Marke unersetzlich
Doch auch Lindt hat gute Karten im eigenen Deck: Schliesslich ist das Zürcher Unternehmen – versehen mit dem Glanz des Markenbotschafters und Tennis-Maestros Roger Federer (44) – auf globaler Ebene der Marktführer. Wie gross die Strahlkraft ist, zeigte sich beispielhaft bei der Hysterie um die Dubai-Schoggi vor rund einem Jahr. Lindt-Patron Ernst Tanner (79) sprang auf den Hype-Zug auf und verkaufte Dubai-Schoggitafeln à 150 Gramm für 14.95 Franken – ein stattlicher Preis. Trotzdem rissen sich die Fans darum.
Lindt gehört zu jenen Marken, die einfach unersetzlich sind. Als Premiumbrand lockt sie Kundinnen und Kunden in die Läden. Fehlt die Lindt-Lieblingsschoggi, wechseln Fans zur Konkurrenz – und erledigen den Wocheneinkauf bei dieser. Das weiss man auch bei der Migros: Lange setzte die Detailhändlerin voll auf Frey und verzichtete auf Lindt-Schoggi in ihren Filialen. Vor vier Jahren fiel das Tabu, der orange Riese entschied sich, die Marke ebenfalls zu führen.
Mit dem Druckmittel, Schoggitafeln von Lindt aus dem Sortiment zu nehmen, schneidet sich die Migros also auch ins eigene Fleisch. Obwohl die Verhandlungen erst begonnen haben, ist klar: Die nun rausgeworfenen Lindt-Tafeln dürften in die Migros-Regale zurückkehren. Die Frage ist nur, wann das passieren wird. Zeitlich drängt es. Denn die ertragreiche Weihnachtszeit steht vor der Tür.