Darum gehts
- Italien und Spanien leiden unter Billigtouristen, die wenig Geld ausgeben
- Venedig erwägt Erhöhung der Eintrittsgebühr auf 100 Euro für Tagestouristen
- Mallorca verzeichnet Gästerückgang von 6%, in Sóller sogar bis zu 40%
Italien stöhnt! Nicht unter der Sommerhitze, sondern wegen der Hunderttausenden von Touristen, die ihre Ferien in Italien verbringen. Im Südtirol machen Fotos von Hunderten von Touristen die Runde, die bei einer Bergbahn anstehen, die sie in die Höhe bringt. Ein Bauer stellt auf seinem Land eine Schranke auf und kassiert 5 Euro pro Tourist, der über seine Wiese wandert. Im Tal unten protestieren Einheimische gegen Camping-Touristen, die ihre Wohnmobile abstellen, wo es ihnen grad passt.
Überraschend ruhig war es bisher in Venedig, wo man sich bestens auskennt mit den negativen Auswirkungen des Overtourism. Mit dieser Ruhe ist es nun aber vorbei. Im Fokus des neusten Knatsches stehen «Billigtouristen», wie sie die Einheimischen und die Gewerbetreibenden der Lagunenstadt abschätzig nennen. Sie meinen damit Touristen, die vornehmlich auf Campingplätzen ausserhalb der Stadt wohnen oder mit dem Car anreisen. Und tagsüber in grosser Zahl die Stadt besuchen – von der neuen Eintrittsgebühr lassen sie sich nicht abschrecken.
«Hungerleider ohne Interesse für Kultur»
Geld für ein gediegenes Essen in einem der vielen Restaurants haben sie aber nicht. Sie geben kaum Geld aus, auch nicht in den Geschäften der Stadt. «Sie teilen sich einen Teller Nudeln und kaufen nichts», sagt Setrak Tokatzian, Präsident des Gewerbevereins Piazza San Marco. Die überwiegende Mehrheit von ihnen seien «Hungerleider ohne Interesse für Kultur und die Schönheit der Stadt», schimpft er in den italienischen Medien.
Um gegen die knausrigen Touristen vorzugehen, die «die Stadt in drei Stunden abfotografieren, Gedränge verursachen und Abfall hinterlassen», schlägt er eine Erhöhung der Eintrittsgebühr von 10 auf 100 Euro vor. Sein Vorschlag kommt längst nicht bei allen gut an. Sie warnen vor einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Und davor, dass Venedig seinen Reiz verlieren würde, wenn die Stadt nur noch von Menschen besucht würde, die 100 Euro Eintritt zahlen können.
Mallorca flucht über «Diesel-Touristen»
Billig-Touristen sind diesen Sommer auch in Spanien ein grosses Thema. Auf Mallorca machen Gastronomen und Ladenbesitzer ihrem Ärger über Gäste Luft, die kaum mehr etwas ausgeben. Sie fluchen über die «Diesel-Touristen», die viel laufen, aber wenig konsumieren – wie die sparsamen Diesel-Motoren. Ähnlich tönt es bei Tour-Organisatoren und Ladenbesitzern.
Wirte reden schon jetzt vom schlechtesten Sommer seit der Corona-Pandemie. Der Gäste-Rückgang liege im Schnitt bei 6 Prozent. In Orten wie Sóller, einem Städtchen im Nordwesten der Insel, das sehr stark über den Massentourismus klagte, lassen die Touristen sogar bis zu 40 Prozent weniger Geld liegen. Immer im Restaurant zu essen, liegt für viele Reisende schlicht nicht mehr drin – sie greifen zum Sandwich, statt sich auf einer noblen Terrasse eine Paella zu gönnen.