Darum gehts
- Lara Gut-Behrami erlitt schwere Knieverletzung beim Super-G-Training
- Arzt Olivier Siegrist diagnostiziert gerissenes Kreuzband und Innenband
- Olympische Spiele beginnen für Gut-Behrami am 8. Februar mit Abfahrt
Ist doch nicht alles so schlimm? Am Freitagabend keimt bei den Fans von Lara Gut-Behrami (34) Hoffnung auf. Denn Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor sagt: «Alles, was man jetzt liest, sind Spekulationen.» Da staunen nicht nur die Journalisten, sondern wohl auch viele Leser.
Denn: Blick erfährt bereits am frühen Freitagmorgen, dass die Tessinerin beim Super-G-Training schwer gestürzt ist. Und offenbar eine Gehirnerschütterung, dazu ein Kreuzbandriss und ein Meniskusschaden im linken Knie erlitt. Swiss-Ski bestätigt kurz darauf «eine Verletzung» am Knie – allerdings brauche es erst eine genaue medizinische Abklärung, um eine Diagnose zu haben.
Besteht sogar die Möglichkeit, dass Gut-Behrami in Cortina (It) wieder fahren kann? Am 8. Februar würden für Gut-Behrami ihre letzten Olympischen Spiele beginnen – dann steht die Abfahrt an. «Absolut, diese Hoffnung gibt es», so Tschuor. Er beruft sich aus Aussagen des Swiss-Ski-Arztes Bertrand Curty, der Gut-Behrami in Copper Mountain betreut. Auch ein weiterer Arzt sei vor Ort, erklärt Tschuor. «Und von ihnen kommt klar die Information, dass wir erst im Spital in Genf Gewissheit haben werden. Wahrscheinlich gegen Ende nächster Woche.»
Reicht eine Ferndiagnose nicht?
Für Olivier Siegrist braucht man nicht so lange zu warten. Er sagt gegenüber «Le Nouvelliste» klipp und klar: «Ihr vorderes Kreuzband und ihr Innenband sind gerissen. Sie hat ebenfalls eine Meniskusverletzung erlitten.»
Dazu muss man wissen: Siegrist ist nicht irgendein Arzt. Er ist eine Koryphäe, hat schon viele Ski-Asse erfolgreich operiert – Didier Cuche (51) beispielsweise, Didier Défago (48) und Justin Murisier (33). Er betreute Gut-Behrami bei ihrer Hüftluxation 2009 bereits als Schweizer Team-Arzt. Und er operierte sie 2017 nach ihrem Kreuzbandriss. Er kennt Gut-Behramis Körper also in- und auswendig. Und nun soll er sich täuschen?
Fakt ist: Bei einer Erstuntersuchung in Frisco (USA), etwas westlich von Denver, wurden Röntgenbilder von Gut-Behramis Knie gemacht. Gut möglich, dass sie die Bilder selbst Siegrist schickte. Das ist üblich bei Ski-Profis – da sie in der Regel einen guten Draht zu ihren Ärzten haben. Obwohl Siegrist mittlerweile pensioniert ist und er sie auch nicht operieren wird, schaute er die Bilder für sie an. Für den Spezialisten war die Sachlage schnell klar. Hätte er Zweifel, würde er sich in der Öffentlichkeit kaum so klar äussern.
Tschuor: «Kann das nicht nachvollziehen»
Tschuor will davon nichts wissen. «Was diesen Arzt bewegt hat, sich so zu äussern, kann ich nicht nachvollziehen», sagt er gegenüber dem ORF. Dass Swiss-Ski zuerst eine detaillierte Untersuchung daheim in der Schweiz haben will, ist verständlich. Vielleicht es aber auch so, dass man sich dagegen wehrt, dass ein «externer» Fachmann eine Ferndiagnose macht. Es geht womöglich auch um die Deutungs- und Kommunikationshoheit – kein Verband mag es, wenn andere das Zepter übernehmen.
Was das alles in Bezug auf Gut-Behrami bedeutet? Nichts Gutes. Gut-Behrami dürfte tatsächlich eine schwere Knieverletzung erlitten haben. Sollte es so sein, bliebe ihr eine konservative Rehabilitation als letzte Option, um doch noch an Olympia teilnehmen zu können.
Dann würde sie auf eine Operation verzichten – so wie Speed-Spezialisting Joana Hählen (33), die seit Jahren mit gerissenen Kreuzbändern fährt. Ob dies mit einem gerissenen Innenband und beschädigten Meniskus tatsächlich eine Option wäre, ist allerdings fraglich.