Traurige Serie um Rad-Schweizer
Drei Jahre, vier Todesfälle – und Aebersold war zweimal dabei

Der Radsport trauert um Samuele Privitera. Der 19-jährige Italiener verunglückte tödlich beim Giro della Valle d’Aosta. Dieser Vorfall reiht sich in eine Serie tragischer Unfälle ein und entfacht eine Debatte über Sicherheit im Radsport.
Publiziert: 11:38 Uhr
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Aktualisiert: 15:19 Uhr
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Nils Aebersold war in den letzten Jahren bei zwei Todesfällen im Radsport jeweils in denselben Rennen unterwegs. Zuletzt starb Samuele Privitera.
Foto: Zvg

Darum gehts

  • Radsport-Sicherheitsdebatte nach tödlichen Unfällen junger Fahrer
  • Diskussion über Einführung von Funk bei U23-Rennen
  • Vier junge Radsportler starben zwischen Juni 2023 und jetzt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Mathias GermannReporter Sport

Der Radsport steht nicht unter einem guten Stern. Zumindest hatte man zuletzt diesen Eindruck. Im Juni 2023 starb Gino Mäder (†26), im Sommer danach der Norweger André Drege (†25) und kurz darauf Muriel Furrer (†18). Vor einer Woche schliesslich liess der 19-jährige Italiener Samuele Privitera sein Leben.

Ist diese schwarze Serie Zufall, Pech, oder steckt mehr dahinter? Fakt ist: Die Sicherheitsdebatte ist im vollen Gange. «Ich war sowohl beim Tod von Drege als auch jenem von Privitera im Peloton unterwegs. Ich kannte beide nicht sehr gut, aber dass sie ihr Leben liessen, macht mich unglaublich traurig», sagt Nils Aebersold (22). Soeben ist er vom Giro della Valle d’Aosta, wo Privitera starb, nach Steffisburg BE zurückgekehrt. Trotzdem sagt er: «Ich glaube nicht, dass der Radsport in den letzten Jahren gefährlicher geworden ist.»

Sicher ist: Jeder Unfall hat seine eigene Ursache. Bei Privitera wurde kommuniziert, dass er mit 70 km/h in einer Abfahrt unterwegs gewesen sei, beim Sturz den Helm verloren habe und danach gegen eine Absperrung geknallt sei. Er erlitt schwere Kopfverletzungen und einen Herzstillstand. «Als unser Busfahrer im Ziel erzählte, dass Privitera reanimiert werden musste, ging ich vom Schlimmsten aus. Leider hat sich das dann bewahrheitet, am Abend wurden wir über seinen Tod informiert», so Aebersold.

Hätte der Funk sein Leben gerettet?

Es bleiben viele offene Fragen. Zum Beispiel: Warum verlor Privitera vor dem Aufprall offenbar seinen Helm? Versuchte er tatsächlich, über ein Schlagloch zu springen, ehe er zu Fall kam? Hatte die Streckensicherung die Gefahr im Vorfeld nicht erkannt?

Und vor allem: Müsste bei U23-Rennen nicht auch der Funk eingeführt werden, so wie bei den Profis? Offenbar informierte das Tour-Radio während des Rennens die sportlichen Leiter über die Strassenschäden. Diese konnten die Warnung aber ihren Fahrern nicht weitergeben, weil sie eben kein Funksystem hatten.

«Mit dem Funk fährt ein Feld ruhiger als ohne. Denn sonst wollen immer alle vorne fahren. Es entsteht mehr Hektik», so Aebersold. Dennoch ist er gegen den Knopf im Ohr bei U23-Rennen. «Es geht darum, dass wir lernen, das Rennen zu lesen, und nicht fremdgesteuert werden», so der Sohn des früheren Rad-Profis Niki Aebersold (53).

Druck auf junge Fahrer steigt immer mehr

Für Tour-de-Suisse-Direktor Olivier Senn ist das ein guter Punkt. Gleichzeitig meint er: «Bei UCI-Rennen der U23 würde ich den Funk schon sehen, denn dort ist der Druck hoch. Alle wollen Profiverträge, und entsprechend hart wird auch gefahren.»

Aebersold, der für das Nachwuchsteam von Lidl-Trek fährt, aber noch keinen Vertrag für 2026 hat, bestätigt Letzteres. «Die Leistungsdichte ist enorm, die Verträge oft kurz, und man geht davon aus, dass die Fahrer nur noch fünf oder sechs Jahre lang auf ihrem Zenit sein können. Das bleibt nicht ohne Folgen.»

Übrigens: Aebersold stürzte auf der letzten Etappe auch noch – wenn auch weit weniger schlimm. «Ich war in einer Achter-Spitzengruppe, als ein sportlicher Leiter mit dem Auto nach vorne kam und mich über den Haufen fuhr. Das Becken tut noch weh, aber sonst gehts mir gut.»

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