Darum gehts
Ist es wirklich schon so lange her? Am 21. Juni 2009 fliegt Fabian Cancellara über die Strassen in Bern, gewinnt das Zeitfahren und die Gesamtwertung der Tour de Suisse. Damals dürfte der heutige Tudor-Patron kaum gedacht haben, dass er auch 16 Jahre später noch der letzte heimische Sieger der Schweizer Rundfahrt sein würde. Genau so ist es jedoch – ein kleines Trauerspiel. Aber es gibt Hoffnung! Rad-Diamant Jan Christen (20) bringt alles mit, um Cancellara eines Tages zu beerben.
Eines Tages? Vielleicht sogar schon in diesem Jahr! Hört man sich vor der Tour de Suisse bei Ex-Fahrern und Experten um, gibt es keinen, der dem Aargauer den grossen Coup nicht zutraut – zu gross ist sein Talent, zu rasant sein Aufstieg, zu beeindruckend sind seine Leistungen. Auf die Frage, ob er sich zutraut, bereits die Tour de Suisse 2025 zu gewinnen, antwortet Christen: «Ich sage nicht Nein.»
Beim mächtigen Team UAE Emirates hat sich Christen in den letzten zwei Jahren intern nach oben gearbeitet. Ein reiner Helfer war er zwar nie, aber nun wird er neben Leader João Almeida (26, Por) als geschützter Fahrer in die Rundfahrt starten. Heisst: Christen darf auf eigene Faust fahren. «Ich werde meine Chance bekommen. Wir entscheiden dann während der Tour, ob ich auf Etappenjagd gehe oder das Gesamtklassement ins Auge fasse.»
Schlüsselbeinbruch zwang ihn zur Pause
Die Tour-Etappenprofile liegen Christen. Er liebt kurze und knackige Steigungen – und davon gibt es in diesem Jahr viele. Gleichzeitig steht er vor der Frage, wie verschwenderisch er mit seinen Kräften umgehen soll.
Während man in den ersten vier Etappen die Tour kaum gewinnen, sondern nur verlieren kann, dürfte es am Donnerstag hinauf nach Santa Maria in Calanca GR zur Sache gehen. «Ich bin die Steigung abgefahren und kann sagen: Der Hoger hat es in sich! Diese Etappe, zusammen mit dem Bergzeitfahren zum Abschluss der Tour, dürfte entscheidend sein. Sollte ich aufs Gesamtklassement fahren, müsste ich versuchen, in den ersten Tagen konservativ zu fahren und Körner zu sparen.»
Christen fühlt sich bereit. «90 Prozent der Vorbereitung sind aufgegangen», sagt er. Dass es nicht 100 sind, hat mit einem komplizierten Schlüsselbeinbruch zu tun, den er im Frühling erlitt. Statt in den letzten Wochen im Höhentrainingslager zu sein, bereitete er sich daheim im aargauischen Leuggern vor, «um im Kopf frisch zu sein», wie der U23-WM-Bronzemedaillengewinner im Zeitfahren erklärt.
Pogacar flüsterte ihm ins Ohr: «Unglaublich»
Zwei Rennen gewann Christen 2025 trotzdem – gleich viele wie Bruder Fabio (22). Kein anderer Schweizer hat mehr. Die für viele beeindruckendste Leistung lieferte er bei der Flèche Wallonne ab, als er im ersten Rennen nach seiner Verletzung an der brutalen Mur de Huy seinem Teamkollegen und Freund Tadej Pogacar (26, Slo) trotz eines Sturzes 30 Kilometer vor dem Ziel den Weg zum Sieg ebnete. Die Bilder, wie der Superstar Christen danach umarmte, blieben in Erinnerung. Aber was flüsterte er ihm damals eigentlich ins Ohr? «Unglaublich», verrät Christen.
Unglaublich. So ähnlich sieht UAE das Potenzial Christens. Warum sonst hätte man mit ihm vorzeitig bis 2030 verlängert? «Ich spüre grosses Vertrauen, und sie geben mir die Zeit, die ich brauche.» Angst, dass er wie Marc Hirschi (26) irgendwann nur noch hinter den vielen Stars im Team anstehen müsste, hat Christen nicht. «Ich bin jünger als Marc und will mich weiterentwickeln. Besser könnte ich es nirgends haben.»
Stressen lässt sich Christen so oder so nicht. «Die Tour de Suisse zu gewinnen, wäre für mich als Schweizer fast so gross, wie bei der Tour de France eine Etappe zu gewinnen. Aber wenn es in diesem Jahr nicht klappt, ist es halt so – dann halt irgendwann in den nächsten Jahren.»
Vom 12. bis 22. Juni ist die Schweiz im Rad-Fieber: Die Tour de Suisse 2025 rollt durchs Land. Erst sind die Frauen dran (12. - 15.), dann übernehmen die Männer (15. - 22.). Hier findest du Höhenprofile und Etappenpläne zu den vier Teilstücken der Frauen, die über total 500 Kilometer Länge und 7’000 Höhenmeter führen. Und hier gibts die acht Etappen der Männer, die total 1’300 Kilometer und über 20’000 Höhenmeter abspulen.
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