«Champion mit viel Charakter»
Ist Pogacar der grösste Rad-Star der Geschichte?

Tadej Pogacar beherrscht die Tour de France 2025 mit Leichtigkeit. Der 26-jährige Slowene sichert sich seinen vierten Sieg und beeindruckt mit seiner Lockerheit. Wie macht er das?
Publiziert: 14:01 Uhr
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Aktualisiert: 14:13 Uhr
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Locker und lässig: Tadej Pogacar steuert scheinbar mühelos seinem vierten Tour-de-France-Sieg entgegen.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Tadej Pogacar gewinnt Tour de France 2025 wohl mühelos zum vierten Mal
  • Pogacar wird als freundlich und bodenständig von Kollegen beschrieben
  • Mit 26 Jahren hat er Chancen, den Rekord von 5 Tour-Siegen einzuholen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Mathias GermannReporter Sport

Manchmal hatte man den Eindruck, er würde sich langweilen. Tadej Pogacar (26) klebte bei jedem Pass am Hinterrad seines Rivalen Jonas Vingegaard (28), parierte eine Attacke nach der anderen problemlos. Während der Däne mit schmerzverzerrtem Gesicht alles aus seinem feinen Körper herausholte, folgte ihm der Slowene im Sattel sitzend. Fehlte nur noch, dass er gegähnt hätte. Um doch noch ein wenig Spass zu haben, übersprintete «Pogi» den Dänen dann kurz vor der Ziellinie.

So geschah es bei der Tour 2025 nicht einmal, sondern mehrmals. Pogacar wird die Grande Boucle darum – ein Sturz ausgenommen – zum vierten Mal nach 2020, 2021 und 2024 gewinnen. Locker, gefühlt mühelos gar. Dabei hatte Pogacar vor drei Wochen beim Tour-Start in Lille im Hinblick auf das Duell mit Vingegaard noch prognostiziert: «Es wird spannend. Aber vielleicht macht uns sonst jemand das Leben schwer. Es wird tolle Momente geben für die Menschen vor dem TV und auch jene am Strassenrand.» Viel war davon nicht zu sehen.

Pogacar kann das egal sein. Er schreibt ein weiteres glänzendes Kapitel seiner Karriere. Und mit erst 26 Jahren hat er alles, um schon bald die Tour-Rekordsieger Jaques Anquetil (Fr), Eddy Merckx (Bel), Bernard Hinault (Fr) und Miguel Indurain (Sp) einzuholen – sie gewannen je fünfmal.

«Seine Chancen stehen sehr gut», meint Laurent Dufaux. Der heute 56-jährige Waadtländer war zweimal Vierter der Tour de France (1996 und 1999) und sagt: «Tadej hat bei UAE Emirates noch einen Vertrag bis 2030. Das ist das beste Team der Welt, und er kann sich sicher sein, dass er stets bestens unterstützt wird. Ich mag ihn, er ist immer jovial und lächelt – ein Champion mit viel Charakter.»

Hirschi: «Hatten es immer gut»

Es gibt kaum einen Fahrer im Feld, der Pogacar nicht mag. «Er ist immer freundlich, immer gut drauf», sagt Fabian Lienhard (31). Und Stefan Bissegger (26): «Er ist sehr am Boden geblieben. Überhaupt nicht arrogant. Einfach lässig.» Für Silvan Dillier (34) ist Pogacars Lockerheit eine Voraussetzung des Erfolgs: «Nicht nur im Sport, sondern auch sonst zeichnet es oft sehr erfolgreiche Menschen aus, dass sie locker mit Druck und Aufmerksamkeit umgehen. Sie schaffen es sogar, das Ganze zu geniessen.»

Wird Pogacar gar der Beste der Rad-Geschichte? Sein ehemaliger UAE-Teamkollege und Freund Marc Hirschi (26), meint: «Verschiedene Epochen sind schwer zu vergleichen. Aber ich denke schon, ja. Tadej ist schon jetzt einer der Grössten, weil er neben den Rundfahrten auch viele Klassiker gewonnen hat und Weltmeister wurde.»

Doping? «Er ist einfach besser»

Pogacar dominiert den Profi-Radsport. Klar, dass da wieder Doping-Vermutungen nicht weit weg sind. Das Wort «Epogacar» macht in sozialen Medien längst die Runde. Fakt ist: Er wurde nie positiv getestet. Und dass sein Team-Manager Mauro Gianetti (61) einst selbst mit illegalen Mitteln in Verbindung gebracht wurde, ist kein Beweis für Betrug. Der langjährige Nationaltrainer Bruno Diethelm, der lange den talentierten UAE-Fahrer Jan Christen (21) coachte, sagt: «Tadejs VO2max-Wert ist von Gott gegeben. Aber er arbeitet auch sehr hart. Dazu kommt die einzigartige Lockerheit. Nein, ich denke nicht, dass er betrügt. Er ist einfach besser als alle anderen.»

Aber für wie lange noch? Pogacar soll zwar 8,2 Millionen Euro jährlich verdienen, deutete zuletzt aber an, dass ihm die Tour de France weniger Freude bereitet als andere Rennen. Er sprach in Lille von einem «Schlamassel», in das er sich begebe. Und nach der Königsetappe am Col de la Loze, bei der er seinen Triumph sicherstellte, meinte er: «Ich bin an einem Punkt, an dem ich mich frage, warum ich noch hier bin. Es sind drei sehr lange Wochen vergangen. Du zählst die Kilometer bis Paris. Also ja, ich kann es kaum erwarten, bis es vorbei ist, damit ich wieder etwas Spass in meinem Leben haben kann.»

Pogacars Gegner werden hoffen, dass er den Spass am Radsport tatsächlich bald verliert. Sonst bleiben ihnen weiterhin nur die Brosamen.

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