Darum gehts
- Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft hat gute Chancen auf eine WM-Medaille
- Patrick Fischer schuf ein inspirierendes Leistungsklima und hohe Ziele für das Team
- 24 von 34 Tore der Nati wurden durch NL-Spieler erzielt
Ausgangslage
Lügen wir uns nicht in die Tasche: Gegen Österreich ist der Halbfinal-Einzug Pflicht – bei allem Respekt. Auch wenn der Schweizer Trainer Roger Bader (60, seit 2016 im Amt) mit unserem Nachbarn Geschichte geschrieben und die Nummer 13 der Weltrangliste erstmals seit 31 Jahren in den Viertelfinal geführt hat. Sieht man von NHL-Stürmer Marco Kasper (21, Detroit) ab, sind es Spieler, die in der Schweiz spielen, wie Benjamin Baumgartner (SCB), Vinzenz Rohrer (ZSC) oder Dominic Zwerger (Ambri), die eine grosse Rolle spielen. Mit dem Urner Oliver Achermann (La Chaux-de-Fonds) ist gar ein Spieler aus der zweitklassigen Swiss League im Team. Bei uns undenkbar.
Auch sonst ist die Ausgangslage formidabel. Hat man Österreich geschlagen, hat man zwei Chancen (Halbfinal und bei einer Niederlage das Bronze-Spiel), sich eine Medaille zu krallen. Und weil unsere Nati zum dritten Mal in den letzten vier Jahren Gruppensieger geworden ist, kann sie erst im Final auf Kanada mit den NHL-Superstars Sidney Crosby und Nathan MacKinnon treffen.
National League
Die Qualität der heimischen Liga ist zuletzt gestiegen. Dazu hat auch die Erhöhung der Anzahl Ausländer pro Team von vier auf sechs beigetragen (die langfristigen Auswirkungen sind jetzt nicht das Thema). Servette hat vor einem Jahr die Champions League gewonnen, die ZSC Lions diesmal. Bei den Zürchern sind es nicht zuletzt Schweizer, die den Unterschied gemacht haben. Allen voran Sven Andrighetto und sein kongenialer Partner Denis Malgin, die sowohl in der Champions League als auch in den Playoffs (wie im Vorjahr) die ersten beiden Plätze der Skorerliste belegt haben.
An dieser WM wurden 24 von 34 Toren der Nati durch NL-Spieler erzielt. Letztes Jahr waren es nur 14 von 33 gewesen. Mit sieben Treffern ist Andrighetto der beste Torschütze der WM, während Malgin mit neun Assists der beste Vorbereiter ist. Auch Damien Riat (5 Treffer), Andres Ambühl (4) und Tyler Moy (3) haben mehr Tore als die Schweizer NHL-Stars geschossen.
Fischer, Freude, Eierkuchen
Wenn Nati-Coach Patrick Fischer ruft, lassen die Stars alles stehen. Beste Beispiele sind die NHL-Stars Kevin Fiala, der einrückte, obwohl seine Frau Jessica und er den Verlust eines Babys verkraften müssen, oder Nino Niederreiter, der nach dem Aus in der zweiten Playoff-Runde mit Winnipeg alle Hebel in Bewegung setzte, um sofort anzureisen. Als Gründe nennt der Churer den «Nationalstolz», den man kreiert hat, und dass man jedes Jahr die Chance hat, etwas zu erreichen. Seit dem WM-Silber in Stockholm 2013 unter Sean Simpson habe man «die Komplexe abgelegt», sagt Fischer, der ein inspirierendes Leistungsklima schuf, als er die Ziele unschweizerisch hochschraubte. Dazu ist der Teamspirit riesig. Allen macht es Freude, auch im Mai noch gemeinsam um jeden Puck zu fighten.
NHL-Spieler von Weltklasse-Format wie Fiala, Niederreiter, Timo Meier, Jonas Siegenthaler und JJ Moser stärken das Gefühl, dass man etwas reissen kann. Nur schade, dass Captain Nico Hischier verletzt ausgeschieden ist.
Euro Hockey Tour
Russland fällt nicht nur als Medaillen-Konkurrent weg, sondern ist auch in der Euro Hockey Tour seit dem Ukraine-Krieg nicht mehr erwünscht. So darf sich die Schweiz viermal im Jahr mit den Topnationen Schweden, Finnland und Tschechien messen, statt immer wieder gegen die Slowakei zu testen. «Da werden uns die Fehler aufgezeigt und auch, welche Spieler gegen sie bestehen können», sagt Fischer. Diese Spiele haben den Spielern geholfen, internationales Niveau zu erreichen. Dieses Jahr holte die Nati immerhin fünf Siege, davon zwei gegen (Ex-)Angstgegner Schweden.
Jugend
Beim Silber-Gewinn von Prag war die Nati mit einem Altersschnitt von 30 Jahren überaltert. Doch Fischer ist die Blutauffrischung gelungen. In Herning gab ein Sextett das WM-Debüt: Goalie Stéphane Charlin (24), Verteidiger Timo Berni (25), sowie die Stürmer Tyler Moy (29), Sandro Schmid (24), Simon Knak (23) und Nicolas Baechler (21), die Unbekümmertheit und viel Energie ins Team bringen. Das macht Laune.
Ambühl
Vor unseren Augen wird das letzte Kapitel einer ganz grossen Geschichte geschrieben. Andres Ambühl (41) kann auch bei seiner 20. WM noch Akzente setzen. Sowas von hübsch. Läufts nach Wunsch, beendet er seine Karriere mit dem 151. WM-Spiel und seiner dritten Medaille. Kitschig? Ja. Aber vor allem inspirierend für Fans und Teamkollegen.
Genoni
Wir haben einen Goalie, also sind wir. Wer Eis-Papst Leo I. im Tor hat, ist gesegnet. Nach einer von einer Verletzung geprägten Saison und Kürzest-Playoffs ist Leonardo Genoni (37) frisch und hoch motiviert. Zwei Silbermedaillen hat er schon.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Kanada | 7 | 27 | 19 | |
2 | Schweden | 7 | 20 | 18 | |
3 | Finnland | 7 | 12 | 16 | |
4 | Österreich | 7 | 3 | 10 | |
5 | Lettland | 7 | -8 | 9 | |
6 | Slowakei | 7 | -15 | 7 | |
7 | Slowenien | 7 | -20 | 4 | |
8 | Frankreich | 7 | -19 | 1 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Schweiz | 7 | 25 | 19 | |
2 | USA | 7 | 20 | 17 | |
3 | Tschechische Republik | 7 | 21 | 17 | |
4 | Dänemark | 7 | 1 | 11 | |
5 | Deutschland | 7 | -2 | 10 | |
6 | Norwegen | 7 | -11 | 4 | |
7 | Ungarn | 7 | -31 | 3 | |
8 | Kasachstan | 7 | -23 | 3 |