Charmanter Strippenzieher und eiskalter Machtmensch
So tickt Ambri-Boss Lombardi, der Mann mit den zwei Gesichtern

Seit 2009 ist er Präsident des mythischen Tessiner Klubs. Mit seinem Verrat an Paolo Duca und Luca Cereda hat der umstrittene Politiker sein Vermächtnis bei Ambri beschädigt.
Publiziert: 10:51 Uhr
|
Aktualisiert: 11:44 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/8
Wie ein geschlagener Hund: Ambri-Präsident Filippo Lombardi bei der Medienkonferenz vom Mittwoch.
Foto: © Ti-Press / Ti-Press

So hat man Filippo Lombardi (69) noch nie gesehen. Wie ein geschlagener Hund sass der Ambri-Präsident am Mittwoch bei der Medienkonferenz zwischen Sportchef Paolo Duca und Trainer Luca Cereda und sagte reumütig, dass er einen grossen Fehler gemacht habe und wütend auf sich selbst sei.

Er habe deshalb dem Verwaltungsrat seinen Rücktritt angeboten, so der Medien-Unternehmer. Die Krokodilstränen halfen nichts. Die tief verletzten Duca und Cereda waren unerbittlich und gaben ebenfalls ihren Rücktritt. Duca sagte: «Wenn du jemandem in den Rücken schiesst, kannst du nicht einfach die Kugel rausnehmen und Sorry sagen.».

Lombardis Fehltritt? Er hatte sich mit dem ehemaligen Fribourg-Trainer und -Sportchef Christian Dubé getroffen, obwohl er, Duca und Cereda vereinbart hatten, dass man zusammen eine Lösung suchen werde, selbst wenn man zum Schluss kommen sollte, dass es einen Wechsel an der Bande brauche. 

Bevor er 2017 das Duo an Bord holte, war der Klub ein Schleudersitz für Trainer gewesen. In den letzten Jahren war es dann nur noch im Büro ein Kommen und Gehen. Ex-Schiri-Chef Andreas Fischer ist der fünfte Geschäftsführer in den letzten fünf Jahren nach Diego Fiorentini, der interimistisch für John Mischkulnig übernommen hatte, Nicola Mona und Michele Orsi.

Ohne Lombardi gäbe es wohl keine Gottardo Arena

Leute, die Lombardis Wirken aus der Nähe verfolgen konnten, sagen, er habe zwei Gesichter. Auf der einen Seite zeigt er sein breites Lächeln, wenn er vor eine Kamera tritt oder Kontakte pflegt. Kaum einer hat in der Schweiz und über die Landesgrenzen hinaus ein so grosses Beziehungsnetz wie der ehemalige Journalist. 

Scheidender Ambri-Sportchef Duca spricht von Verrat
3:11
«Wie ein Messer in den Rücken»:Scheidender Ambri-Sportchef Duca spricht von Verrat

Lombardi ist ein begnadeter Redner und vermag Leute für seine Sache zu gewinnen. Ohne ihn wäre der für Ambri überlebenswichtige Bau der Gottardo Arena kaum möglich gewesen. «Eines muss man schon sehen: So eine Halle in einer Bergregion aufstellen, das kann nur er. Er hat so viele Connections, weiss genau, wo er Geld auftreiben kann», sagt ein Insider, der nicht namentlich genannt werden möchte. «Wenn man mit ihm spricht, hat man das Gefühl, dass er über alle möglichen Themenbereiche bis ins letzte Detail Bescheid weiss. Ob das über Eishockey, Finanzen oder Immobilien sei.»

Dann gibt es die andere Seite. Jene, die Duca und Cereda zuletzt schmerzvoll kennenlernen mussten. Jene des eiskalten Machtmenschen, der macht, was er will. Dann sind alle anderen nur noch Marionetten in der Lombardi-Show.

«Nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Eigeninteresse»

Nicola Mona (49), der 2022 nach drei Jahren als CEO ging, schrieb nach dem Knall vom Mittwoch auf Linkedin, dass man «den schlimmsten Epilog einer Ära erlebt» habe. «Nicht so sehr wegen des Ergebnisses, sondern wegen der Methode und Form.» Was für ihn falsch läuft bei Ambri? «Zu oft mischten sich der Vorstand oder einzelne Mitglieder in das Tagesgeschäft ein, kontaktierten Mitarbeiter direkt, setzten Entscheidungen oder Arbeitsmethoden durch und umgingen dabei die Verantwortlichen. Nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Eigeninteresse oder dem weit verbreiteten und gefährlichen Glauben, dass führen bedeutet, alles zu entscheiden.» 

Des Weiteren schreibt er von einem strukturellen Governance-Problem, «bei dem Kompetenz durch Ego und Respekt vor Rollen durch Machteitelkeit ersetzt wird. Es ist an der Zeit, dass Ambri wieder von kompetenten und verantwortungsbewussten Menschen geführt wird und nicht von persönlichen Interessen.»

Duca und Cereda waren keine Sesselkleber. Das Tandem wäre bereit gewesen, für das Wohl seines Herzensklubs den Platz zu räumen. Sowohl im letzten Sommer als auch zwei Jahre davor, als sich Cereda ausgebrannt fühlte, hatten die beiden Gespräche mit Lombardi geführt, ob es nicht Zeit für einen Wechsel sei.

«Einen wie Duca finden die nie wieder»
2:16
Vertrauensbruch in Ambri:«Einen wie Duca finden die nie wieder»

Achteinhalb Jahre war Cereda Trainer bei seinem Stammklub, mit 503 Partien an der Bande ist er mit Abstand Rekordhalter bei den Biancoblù. Populist Lombardi hatte immer wieder die Balance gefunden, zwischen Kritik und Unterstützung. So verurteilte er die Internet-Hetze gegen Cereda und war zur Stelle, als Duca für seine Ausländer-Politik attackiert wurde.

Mit Duca/Cereda hatte Lombardi ein Herzblut-Duo, das mehr als nur einen Job machte und mit dem sich die Tifosi identifizieren konnten. Davon profitierte der sendungsbewusste Volkstribun, der sich noch so gerne feiern liess. Sei es in der neuen Gottardo Arena oder beim Spengler-Cup-Sieg 2022.

Lombardi sollte man nie abschreiben

Wie weiter mit dem «Mini-Berlusconi», der mit dem von ihm 1996 gegründeten Lokalsender Teleticino, Radio 3 und dem «Corriere del Ticino» gleich in drei Medienunternehmen grossen Einfluss hat? Zieht der Ex-Hauptmann seinen Rücktritt wirklich durch?

Als der zweifache Vater 2019 nach 20 Jahren um 45 Stimmen als Ständerat abgewählt wurde, dachten viele, dass seine politische Karriere beendet sei. Doch der Macher, der aus gutem Haus stammt (Vater Giovanni war ein Bauingenieur von internationalem Renommee), kehrte zurück. 2021 wurde der Mitte-Mann in die Stadtregierung von Lugano gewählt – das als Ambri-Präsident.

Lombardi ist ein Hansdampf in allen Gassen, der sich selbst als Workaholic bezeichnet. Es sitzt in diversen Gremien und Verwaltungsräten und ist Präsident der ASO, der Organisation, die 800'000 Auslandschweizer vertritt.

Abschreiben sollte man Lombardi nie, zumal Ambri in einer finanziell schwierigen Situation ist. Es drücken die Schulden der Kredite, die man für den Stadionbau und wegen Covid aufnehmen musste. Doch Lombardis Verrat an Duca und Cereda hat sein Vermächtnis bei Ambri beschädigt.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
National League 25/26
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Davos
HC Davos
13
26
35
2
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
14
16
32
3
Lausanne HC
Lausanne HC
14
21
27
4
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
14
11
24
5
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
13
-14
23
6
EV Zug
EV Zug
14
-1
23
7
ZSC Lions
ZSC Lions
14
10
23
8
EHC Biel
EHC Biel
13
4
19
9
SCL Tigers
SCL Tigers
14
-9
17
10
EHC Kloten
EHC Kloten
15
-8
17
11
SC Bern
SC Bern
12
-10
14
12
HC Lugano
HC Lugano
13
-7
13
13
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
14
-17
13
14
HC Ajoie
HC Ajoie
13
-22
5
Playoffs
Qualifikationsspiele
Relegation Play-Offs
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen