Darum gehts
- Behörden informieren über Gletscherabbruch und drohenden Seeüberlauf
- Bundespräsidentin verspricht umfassende Hilfe für die Betroffenen
- Der See wird mit täglichen Helikopterflügen überwacht
Am Freitagnachmittag traten die Behörden im Lötschental erneut vor die Medien, um über die Folgen des verheerenden Gletscherabbruchs und die akute Lage rund um den sich im Anschluss an das Naturereignis gebildeten See bei Blatten VS zu informieren. Im Zentrum standen die Risiken eines Überlaufs und die Hilfsmassnahmen für die betroffene Bevölkerung.
Den Auftakt machte Gemeindepräsident Matthias Bellwald. Er schilderte mit drastischen Worten das Ausmass der Zerstörung: «Vorgestern wurde die Geschichte von Blatten ausgelöscht. Die Leute haben alles verloren, ausser das, was sie auf dem Leib trugen.» Die Situation sei «Ground Zero für Blatten – aber wir wollen es neu aufbauen». Dennoch betonte er den Wiederaufbauwillen: «Ein Lötschental ohne Blatten ist undenkbar.» Man habe der Bevölkerung vermittelt: «Unsere Heimat ist nur hier.»
Abfluss des Sees wird laufend überwacht
Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61) bekundete ihr tiefes Mitgefühl: «Es ist niederschmetternd.» Sie versprach den Blattnerinnen und Blattnern umfassende Hilfe: «Der Bundesrat steht an Ihrer Seite.» Der Bund werde sich «finanziell engagieren».
Christian Studer von der Dienststelle für Naturgefahren erklärte, dass der See aktuell ein Überlaufpotenzial habe: «Wir sind im Zeitfenster, wo es zum Überlaufen des Sees kommt.» Der Abfluss werde laufend überwacht, unter anderem mit einer Webcam und täglichen Helikopterflügen. Eine Schwemmholzsperre sei in Bau, da sich im See viel Treibholz befinde.
Wann geht die Suche nach dem Vermissten weiter?
Staatsrat Stephane Ganzer warnte eindringlich davor, das Gefahrengebiet zu betreten: «Es gibt nur einen Chef: die Natur.» Zwar sei derzeit keine weitere Evakuierung im Lötschental geplant, aber die Lage sei weiterhin gefährlich. «Wir haben eine vermisste Person und wollen keine weitere.»
Staatsrätin Franziska Biner machte klar, dass Blatten und der Kanton die Katastrophe finanziell nicht allein bewältigen könnten. «Es braucht Hilfe vom Bund.»
Noch unklar ist, ob die Suche nach dem vermissten Schafhalter (64) fortgesetzt werden kann. Man warte noch auf ein definitives Go, erklärte Naturgefahrenexperte Studer.
Den Ticker zur Medienkonferenz kannst du hier nachlesen:
Letzte Frage gestellt
Nun wird die letzte Frage gestellt: Spielen die Temperaturen eine Rolle? «In steilem Gebiet wird das Eis und die Schmelzrate eine Rolle spielen. Ergiebige Niederschläge werden viel entscheidender sein», präzisiert er. Damit endet die Pressekonferenz.
«Wir zählen auf die Hilfe im Tal und auch ausserhalb»
Die Gemeinde Blatten kontaktiert in den Nachbargemeinden mittlerweile Zweitwohnungsbesitzer, damit die Evakuierten längerfristig untergebracht werden können, erklärt Bellwald. «Wir zählen auf die Hilfe im Tal und auch ausserhalb», sagt er.
Was ist mit der Suche nach der vermissten Person?
Geht die Suche nach der vermissten Person weiter? «Wir sind optimistisch, dass es um ein Randgebiet geht. Wir warten aber noch auf ein definitives Go», sagt Naturgefahrenexperte Studer. Gemeindepräsident Matthias Bellwald schaltet sich ein: «Es ist mir ein Anliegen zu sagen: Wir sind in Gedanken stark bei den Angehörigen und setzen alles daran, dass wir hier rasch Klarheit schaffen können.»
Studer: «Es wurde eine Webcam angebracht»
«Es wurde eine Webcam angebracht, die auf den Schuttkegel zeigt», wiederholt Christian Studer von der Dienststelle für Naturgefahren. Die Messwerte der Dienststelle seien zudem nicht öffentlich zugänglich.
Blatten braucht finanzielle Hilfe «in grossem Umfang»
Jetzt wird Matthias Bellwald gefragt, was die Einwohner von Blatten jetzt brauchen. Er entgegnet: «Ich denke, in erster Linie brauchen sie das, was die Frau Bundespräsidentin gesagt hat. Die Aussage, dass sie nicht allein sind. Die Aussage, dass wir die Unterstützung erhalten, die wir brauchen», erklärt er. Für die Räumung brauche es insbesondere finanzielle Hilfe «in grossem Umfang».
Keller-Sutter: «Bund wird sich finanziell engagieren»
«Der Bund wird sich sicherlich finanziell engagieren», sagt jetzt Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter. «Zuerst geht es darum, die Lage zu stabilisieren, dann kommt die Räumung, und dann kann man an einen Wiederaufbau denken.» Der Wiederaufbau sei in enger Absprache mit dem Kanton zu gestalten. Sie betont zudem, dass die Armee sehr viel leistet.
Naturgefahrenexperte spricht über Eismenge
Jetzt geht die Fragerunde los. Von den neun Millionen Kubikmetern, die sich im Lötschental breitgemacht haben, sollen drei Millionen Eis sein, antwortet Christian Studer auf die erste Frage. «Wir schliessen aus, dass das jetzt sofort schmilzt», sagt er. «Wir machen täglich einen Helikopterflug.» Die Schmelzrate sei klein.
Keller-Sutter zu den Blattnern: «Der Bundesrat steht an Ihrer Seite»
«Es ist schlimm, seine Heimat durch eine Katastrophe – zumindest vorübergehend – zu verlieren», fährt Keller-Sutter fort. Sie wiederholt: «Sie sind nicht allein.» Sie sei am Donnerstag aus Irland zurückgekehrt. Selbst dort habe Betroffenheit über die Katastrophe im Lötschental geherrscht.
«Die Menschen in Blatten erleben einen Schicksalsschlag. Wir müssen ihnen Zeit geben, dies zu verarbeiten. Wir haben die Perspektive, ihnen ein Leben in Blatten wieder zu ermöglichen. Wir sind nicht machtlos», betont sie. «Der Bundesrat steht an Ihrer Seite», sagt sie zum Schluss.
Keller-Sutter: «48 Stunden – es kommt einem vor wie eine Ewigkeit»
Keller-Sutter bedankt sich bei den Personen, die Schlimmeres verhindert haben. «48 Stunden – es kommt einem vor wie eine Ewigkeit.» Diese Zeit sei ein Beleg für den schweizerischen Gemeinsinn. «Man analysiert Gefahren mit schweizerischer Präzision und handelt», stellt sie fest. «Wir können alle dankbar sein, dass wir in einem Land leben, das in der Lage ist, solche Ereignisse zu bewältigen.»
Keller-Sutter: «Es ist niederschmetternd»
Jetzt spricht Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter. «Ich bin heute ins Lötschental gekommen, um mir hier persönlich ein Bild von der Lage zu machen. Vor allem bin ich hier aber hergekommen, um den Lötschentalerinnen und Lötschentalern zu sagen: Sie sind nicht allein», sagt sie. Nach ihrem Helikopterflug konstatiert sie: «Es ist niederschmetternd.»