Staatsanwältin Barbara Loppacher brachte den Mörder hinter Gitter
«Ich wünsche mir, dass die Opfer nicht vergessen werden»

Vor rund zehn Jahren ging eines der schlimmsten Verbrechen der Schweiz in die Kriminalgeschichte ein: der Vierfachmord von Rupperswil AG. Jetzt spricht die damals zuständige Staatsanwältin, Barbara Loppacher, mit Blick über den Jahrestag vom kommenden 21. Dezember.
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Die damals zuständige Staatsanwältin Barbara Loppacher spricht mit Blick über den Vierfachmord von Rupperswil. Sie ist heute stellvertretende leitende Oberstaatsanwältin im Kanton Aargau.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Staatsanwältin Barbara Loppacher spricht über den Fall Rupperswil und dessen Auswirkungen
  • Ermittlungen waren komplex, zeitintensiv und erforderten enge Koordination aller Beteiligten
  • Oberstaatsanwaltschaft fechtet Entscheid des Verwaltungsgerichts beim Bundesgericht an
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ralph DonghiReporter News

Am 21. Dezember jährt sich der Vierfachmord von Rupperswil AG zum zehnten Mal. Die damals zuständige Staatsanwältin Barbara Loppacher spricht mit Blick über den gravierenden Fall. Sie ist inzwischen stellvertretende leitende Oberstaatsanwältin im Kanton Aargau.

Frau Loppacher, wie geht es Ihnen heute?
Barbara Loppacher: Solche Ereignisse lassen einen nie ganz los. Sie prägen sowohl die berufliche als auch die persönliche Wahrnehmung. Man lernt mit der Zeit, damit professionell umzugehen, aber die Eindrücke bleiben Teil der eigenen Erfahrung.

Haben Sie in der Zeit nach dem Urteil oft an diesen Fall gedacht?
Man entwickelt Mechanismen, um Distanz zu schaffen, doch bei einem Fall wie Rupperswil bleibt die Erinnerung stets präsent.

Wie war es für Sie damals, als Sie den Fall zugeteilt erhielten?
Ein solcher Fall ruft sofort grosse Verantwortung hervor. Die Aufgabe war, trotz der Emotionalität mit Ruhe und Systematik vorzugehen und die Ermittlungen in geordneten Bahnen zu führen.

Was waren dabei die Schwierigkeiten?
Die Ermittlungen waren komplex, zeitintensiv und herausfordernd. Es galt, einer Vielzahl von Spuren nachzugehen, dabei Prioritäten zu setzen und die Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Stellen eng zu koordinieren.

Warum wurde die Tatwaffe nie gefunden?
Solche Umstände kommen auch bei anderen Verfahren vor und schmälern den Ermittlungserfolg nicht, wenn die Beweislage in der Gesamtheit schlüssig ist – was hier der Fall war.

Wie war das Gefühl bei Ihnen und im Team, als Sie wussten, dass Sie die richtige Person ermittelt haben?
Natürlich war da eine gewisse Erleichterung und Dankbarkeit. Nach einer so langen, intensiven Phase war es ein Moment, in dem die Zusammenarbeit aller Beteiligten Früchte trug. Trotzdem bleibt auch in diesem Moment die Verantwortung gegenüber den Opfern und Angehörigen zentral.

Wie war Ihr Kontakt zu den Opfer-Angehörigen? Gibt es den heute noch teilweise?
Der Kontakt war von Respekt und Mitgefühl geprägt. Nach Abschluss des Verfahrens ist es aber wichtig, den Angehörigen Raum für ihr eigenes Leben und ihre Verarbeitung zu lassen. Persönliche Kontakte bestehen keine.

Wie erlebten Sie den Prozess?
Der Prozess war anspruchsvoll. Wichtig war, die Aufgabe mit Sachlichkeit zu erfüllen und die Anklage mit den erarbeiteten Beweisen konsequent zu vertreten.

Was sagen Sie dazu, dass der Täter nun allenfalls eine Chance auf eine Therapie erhält?
Angesichts der aussergewöhnlichen Schwere des Falles und der Bedeutung der öffentlichen Sicherheit hat sich die Oberstaatsanwaltschaft entschlossen, den Entscheid des Verwaltungsgerichts beim Bundesgericht anzufechten. Wir erachten dies in diesem aussergewöhnlichen Fall als notwendig. Nach einem rechtskräftigen Urteil obliegt die Verantwortung für die Prüfung einer allfälligen therapeutischen Massnahme im Anschluss bei den zuständigen Vollzugsbehörden.

Werden Sie den Fall Rupperswil je vergessen?
Vergessen wird man so etwas nie. Aber man lernt, damit zu leben und die Erfahrungen einzuordnen. Das gehört zu einem Beruf, der viel Verantwortung mit sich bringt.

Sind Sie stolz auf Ihren Ermittlungserfolg?
Stolz ist nicht das richtige Wort. Es war eine Teamleistung vieler Menschen, die unter grossem Druck zusammenarbeiteten. Wir haben alles getan, um den Fall aufzuklären. Natürlich wissen wir nicht jede Einzelheit – etwa, warum genau der Täter so gehandelt hat oder wie einzelne Abläufe im Detail waren. Aber wir konnten die entscheidenden Fakten klären, damit das Gericht ein rechtskräftiges Urteil fällen konnte.

Was ist Ihnen bei diesem aussergewöhnlichen Fall noch wichtig?
Ich wünsche mir, dass bei aller medialen Aufmerksamkeit die Opfer und ihre Angehörigen nicht vergessen werden. Und dass die Erinnerung an den Fall nicht nur das Entsetzliche, sondern auch den gemeinsamen Willen zur Aufklärung sichtbar macht.

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