So wurde der Vierfachmörder gefasst
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Horror-Tat von Rupperswil AG:So wurde der Vierfachmörder gefasst

Von der Tat zur Verurteilung
Der Vierfachmord von Rupperswil – das Protokoll

Der Vierfachmord von Rupperswil AG jährt sich bald zum zehnten Mal. Blick schaut zurück auf eines der grausamsten Verbrechen der Schweizer Kriminalgeschichte.
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Der Täter Thomas Nick wohnte im gleichen Quartier wie seine Opfer.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Vierfachmord in Rupperswil: Verbrechen jährt sich zum zehnten Mal
  • Thomas Nick plante bereits den nächsten Mord, als er verhaftet wurde
  • Täter sitzt lebenslange Haftstrafe ab, könnte nur bei erfolgreicher Therapie freikommen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Georg NopperRedaktor News

Es ist kurz vor Weihnachten, als sich 2015 in der Aargauer Gemeinde Rupperswil das pure Grauen offenbart. Der damals 33-jährige Thomas Nick ermordet und misshandelt kaltblütig eine Familie und eine weitere Jugendliche. Wie sich später zeigt, sind die Motive finanzieller und sexueller Art. Die Handschellen klicken erst nach monatelanger Fahndung, Nick legt ein Geständnis ab. Heute sitzt der Täter eine lebenslange Strafe hinter Gittern ab. Blick rollt den Fall zehn Jahre nach dem Verbrechen noch mal auf.

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Dezember 2015 – die Tat

Thomas Nick steht schon am frühen Morgen vor dem Haus von Carla Schauer (†48). Erst als ihr Lebenspartner zur Arbeit geht, klingelt Nick kurz nach 7.15 Uhr. Schauer öffnet. Unter dem Vorwand, ein Schulpsychologe zu sein, verschafft er sich Zugang zum Haus. Dann bedroht er den jüngeren Sohn Davin (†13) und zwingt damit die Mutter, den älteren Sohn Dion (†19) und dessen Freundin Simona (†21) zu knebeln und zu fesseln. Anschliessend befiehlt er der Mutter, das auch mit Davin zu tun. Nick schickt Carla Schauer daraufhin weg, um am Bancomaten sowie in einer Bankfiliale 1000 Euro und 10'000 Franken abzuheben. Als Carla Schauer um 10.30 Uhr ins Haus zurückkehrt, knebelt und fesselt er auch sie. Nick vergeht sich daraufhin an Davin, schneidet den Opfern die Kehlen durch, überschüttet die Leichen mit Brandbeschleuniger und zündet sie an. Nick kann das Haus unbemerkt verlassen. Gegen 11.30 Uhr entdeckt die Feuerwehr die Toten. Den Ermittlern wird schnell klar: Es handelt sich um eines der grössten Verbrechen der Schweizer Kriminalgeschichte.

Dezember 2015 bis Mai 2016 – die Fahndung

Der Fall erregt grosses Aufsehen in der Schweiz. Die Polizei führt umfangreiche Ermittlungen durch: Beamte durchkämmen fieberhaft die Gegend, auch mit Hunden, befragen mögliche Zeugen in den umliegenden Häusern und Bekannte und Freunde der Familie. Eine 40-köpfige Sonderkommission wird schliesslich eingesetzt. Auch im Internet suchen die Ermittler nach einer Spur. Zudem wird ein sogenannter Antennensuchlauf durchgeführt, um herauszufinden, welche Handys zum Tatzeitpunkt mit den Sendemasten in der Nähe des Tatorts verbunden waren. Trotz des hohen Aufwands – auch finanzieller Art – tappen die Ermittler lange im Dunkeln. Auch die Aussetzung einer Belohnung von 100'000 Franken für den entscheidenden Hinweis führt vorerst zu keinem Treffer. Welche Methode schliesslich zum Erfolg führt, wollen die Ermittler nicht im Detail preisgeben. Wie Blick später mithilfe von Quellen, die mit dem Fall vertraut sind, enthüllt, kam der erste wichtige Hinweis offenbar vom US-Internetgiganten Google. Er zeigte, von welchen IP-Adressen aus die Opferfamilie in der Zeit vor der Tat gegoogelt worden war. Diese Information konnte mit den Resultaten des Antennensuchlaufs abgeglichen werden. Somit konnten die Ermittler den Kreis der Verdächtigen einschränken und Nick schlussendlich per DNA-Test überführen.

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Mai 2016: – die Verhaftung

Rund fünf Monate nach der Tat schlagen zivile Beamte in Aarau zu. Nick wird verhaftet, als er mit seinem Laptop im Starbucks sitzt. Die Beamten ziehen ihm eine schwarze Mütze über den Kopf, damit er nicht sieht, wohin er gebracht wird – und damit niemand sieht, wer da abgeführt wird. Nick, der etwa 500 Meter vom Tatort entfernt mit seiner Mutter lebt, gibt den Vierfachmord sofort zu. Bei der Durchsuchung seines Hauses werden Beweismittel sichergestellt, etwa eine alte Armeepistole, vorbereitete Fesselmaterialien und Klebeband. Sie zeigen: Nick plante schon den nächsten Mord. Am Tag danach verkündet der leitende Oberstaatsanwalt an einer Pressekonferenz die für die ganze Schweiz erlösenden Worte: «Die Zeit der Unsicherheit ist vorbei. Der Täter ist gefasst.»

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September 2017 – die Anklage

Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau gibt bekannt, dass die Anklageschrift im Fall um den Vierfachmord fertig ist. Damit erhebt sie offiziell Anklage gegen Nick. Über Details wie die konkreten Anklagepunkte hält sich die Staatsanwaltschaft bedeckt. Die Anklageschrift soll erst beim Prozess veröffentlicht werden. 

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bis 16. März 2018 – der Prozess

Erstmals erhält die Bevölkerung mit der Veröffentlichung der Anklageschrift Einblick in die grausamen Taten, die dem Beschuldigten vorgeworfen werden: 20 Seiten voller Brutalität. 20 Seiten, die Einblick in die Abgründe eines pädophilen, perfiden Mörders verschaffen. Die Anklageschrift zeigt die eiskalte Planung des Täters. Der Prozess gegen Nick vor dem Bezirksgericht Lenzburg wird wegen des grossen Medieninteresses und der umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen nicht im Gerichtsgebäude, sondern in einem grossen Polizeigebäude in Schafisheim AG durchgeführt. Im Gerichtssaal wirkt Nick gemäss anwesenden Journalisten gefasst. Er zeigt kaum Emotionen und senkt häufig den Blick, vermeidet Augenkontakt mit den Opferangehörigen. Nach mehrtägiger Verhandlung wird Nick unter anderem des mehrfachen Mordes, der Geiselnahme, sexueller Handlungen mit einem Kind und räuberischer Erpressung schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilt ihn zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Weil es aufgrund psychiatrischer Gutachten nicht möglich ist, Nick Untherapierbarkeit nachzuweisen, spricht das Gericht nur eine ordentliche und nicht eine lebenslange Verwahrung aus.

Seit März 2018 - die Strafe

Die lebenslange Gefängnisstrafe von Nick ist inzwischen rechtskräftig. Grundsätzlich kann ein lebenslang Verurteilter in der Schweiz nach 15 Jahren einen Antrag auf Entlassung stellen. Im Fall des Vierfachmörders wäre das in rund fünf Jahren – einen Teil der Haftstrafe hat er bereits im vorzeitigen Strafvollzug abgesessen. Wegen der vom Gericht angeordneten ordentlichen Verwahrung wäre jedoch eine erfolgreiche Therapie seine einzige Chance auf Freiheit. Nick tut alles, um als therapierbar zu gelten, führt sich im Gefängnis als vorbildlicher Häftling auf. Im Kampf um eine Therapiemöglichkeit erringt er im vergangenen Oktober einen Teilerfolg: Das Aargauer Verwaltungsgericht verlangt vom Kanton, seinen Antrag auf eine freiwillige Therapie zu prüfen.

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