Tal wird in gewaltige Staubwolke gehüllt
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Video vom Gletscherabbruch:Tal wird in Staubwolke gehüllt

Gletscherabbruch in Blatten VS
Vom Schäfer Toni (64) fehlt seit Mittwoch jede Spur

Nach einer Unwetterkatastrophe vor Jahren hat Schäfer Toni (64) seinen Tieren in Blatten VS ein neues Zuhause aufgebaut. Doch jetzt soll ihn der Gletscherabbruch genau dort getroffen und mitgerissen haben.
Publiziert: 02.06.2025 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 02.06.2025 um 07:52 Uhr
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Von Schäfer Toni fehlt seit Mittwoch jede Spur.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Schäfer Toni vermisst nach Gletscherabbruch in Blatten VS, vermutlich tot
  • Toni war für seine Liebe zu Schafen bekannt, nahm an Wettbewerben teil
  • Rund 100 weisse Alpenschafe waren sein Stolz, Stall lag ausserhalb Evakuierungszone
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Beat MichelReporter

Er liebte seine Schafe – und starb wohl mit ihnen: Von Schäfer Toni* (64) fehlt seit Mittwoch – als der Gletscher abbrach und Blatten VS mit voller Wucht traf – jede Spur. Die Chance, dass er noch lebend gefunden wird, tendiert bei all dem Schutt, Geröll und Eis gegen null.

Zum Zeitpunkt des Bergsturzes befand sich der Schäfer wahrscheinlich bei seinen geliebten Tieren im Stall, so die «SonntagsZeitung». Das Gebäude lag rund 300 Meter ausserhalb der Evakuierungszone, in der Nähe vom Weiler Ried, gleich an der Abwasserreinigungsanlage.

Ein Rentner aus Wiler sagt zu Blick: «Er musste immer melden, wenn er zu seinen Tieren ging. Darum wusste auch gleich das ganze Dorf, dass er nach dem Bergsturz vermisst wurde.»

Der Rentner weiss: Die rund 100 weissen Alpenschafe waren Tonis ganzer Stolz. «Er nahm mit den Schafen gemeinsam mit einem Bruder immer wieder an Wettbewerben teil. Wenn sie gewannen, waren sie in der Zeitung.» Das mutmassliche Opfer engagierte sich auch in einem Zuchtverband für Schafe. 

Kräftige Hände, weicher Blick

Der Schäfer war sowohl in Blatten als auch in den benachbarten Dörfern bekannt und beliebt. Zusammen mit seinen Brüdern wuchs er in Wiler auf. Sie waren als die «Beizer-Buben» bekannt, weil ihre Eltern das schönste Restaurant im Dorf betrieben. Eine Geschäftsfrau aus seinem Wohnort Wiler sagt zu Blick: «Er ist ein sehr netter Mensch.» Und weiter: «Er sprach nicht so viel, ging aber gern unter die Leute.»

Auch gegenüber der «SonntagsZeitung» wird Toni als «still und freundlich», mit «kräftigen Händen und einem weichen Blick, wenn er bei seinen Tieren stand», beschrieben. Ein Mann, der seine Tiere in- und auswendig kannte.

Das Schicksal schlug bereits einmal zu

Speziell: Die Natur prüfte Toni nicht zum ersten Mal. Bereits vor über einem Jahrzehnt zerstörte ein Hochwasser seinen damaligen Stall an der Lonza bei Kippel. Das Gebäude war so schlimm betroffen, dass es nur noch abgerissen werden konnte.

Gegenüber dem «Schweizer Bauer» erklärte Toni damals: «Eine Mauer ist weggebrochen, nachdem das Wasser das Fundament unterspült hat, und das ganze Gebäude wurde praktisch verdreht.» Doch Toni gab nicht auf. Am Rand von Blatten – in Tännmattä – fand er ein neues Zuhause für seine Tiere. Jetzt ist dieses Zuhause für immer fort, zusammen mit Toni und seinen Schafen.

Ermittlungen laufen

Matthias Ebener, Infochef des Führungsstabs, bestätigte gegenüber der «SonntagsZeitung»: «Der Weiler Tännmattä bei Blatten war zum Zeitpunkt des Bergsturzes nicht evakuiert. Dieser Ort befand sich zum Ereigniszeitpunkt ausserhalb der gefährdeten Zone.» Und: Die Strasse zum Weiler sei jedoch abgesperrt gewesen.

Nun muss sich die Staatsanwaltschaft mit Tonis mutmasslichem Tod befassen. Sie soll etwa klären, warum sein Stall nicht evakuiert wurde. Und ob den Naturgefahren-Experten eine Fehleinschätzung unterlief. 

* Name bekannt 

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