Darum gehts
- US-Angriff auf Iran verschärft Nahost-Konflikt. Schweiz zeigt sich besorgt
- Schweiz bietet sich als Vermittlerin an und betont Bedeutung des Völkerrechts
- Seit 45 Jahren vertritt die Schweiz US-Interessen im Iran
Mit dem US-Angriff auf iranische Atomanlagen hat sich der Nahost-Konflikt weiter verschärft. «Die Schweiz ist zutiefst alarmiert über die gefährliche Eskalation zwischen Israel und Iran seit 13. Juni, einschliesslich der heutigen Angriffe der USA», zeigt sich das Aussendepartement via X besorgt über die Entwicklung. Dabei betont das EDA von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (64) die Bedeutung der uneingeschränkten Achtung des Völkerrechts.
«Wir fordern alle Parteien auf, grösstmögliche Zurückhaltung zu üben, die Zivilbevölkerung und zivile Infrastrukturen zu schützen und unverzüglich zur Diplomatie zurückzukehren», heisst es weiter. Die Schweiz bietet sich zugleich als Vermittlerin an: «Unsere Guten Dienste stehen den Parteien weiterhin zur Verfügung.»
Tatsächlich kommt der Schweiz eine besondere Rolle zu. Seit 45 Jahren vertritt die Eidgenossenschaft im Rahmen eines Schutzmachtmandats US-Interessen im Iran. Wenn Donald Trump (79) dem Mullah-Regime etwas über diplomatische Kanäle mitteilen möchte, dann läuft das über die Schweiz.
Im aktuellen Konflikt wurde dieser Kanal auch mehrfach genutzt – auch wenn das Botschaftspersonal aus Teheran abgezogen wurde und derzeit von Baku (Aserbaidschan) aus operiert sowie die Botschafterin bald zurück in die Schweiz reist. Das Schutzmachtmandat könne geografisch unabhängig wahrgenommen werden, so das Aussendepartement.
Laufen die Drähte nun noch heisser? Das hängt davon ab, ob und was sich die beiden Staaten zu sagen haben. Die Schweiz fungiert bloss als Briefträgerin zwischen den beiden Staaten.
FDP-Portmann: «Unsere Rolle wird wichtiger»
«Die Schweiz ist der einzige offene Kanal der USA zum Iran, da wird unsere Rolle umso wichtiger», zeigt sich FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (62, ZH) überzeugt. «Es gibt einen aktiven Notenaustausch.» Auch wenn es nach dem Abzug des Botschaftspersonals etwas schwieriger geworden sein dürfte, vermutet er. Klar sei aber, weder Israel noch die USA würden einen EU-Staat als Vermittler akzeptieren.
«Gerade in der jetzigen Eskalationsphase ist zentral, dass die Kommunikationsmöglichkeit nicht unterbrochen wird», sagt auch Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (61, BL). Es brauche diese für gegenseitige Sicherheitswarnungen, Erklärungen oder Krisenübermittlung. «Dabei sollten wir alles daran setzen, dass eine weitere Eskalation verhindert wird und vor allem die Zivilgesellschaft nicht unter die Räder kommt.»
Mitte-Schneider: «Sicherheitspolitisches Interesse»
Für den US-Angriff zeigt sie ein gewisses Verständnis: «Die westliche Welt hat ein sicherheitspolitisches Interesse daran, dass der Iran keine Atomwaffen baut.» Eine einseitige Verurteilung der USA und Israels, wie das von SP-Exponenten zu hören sei, hält sie daher für verfehlt.
Als «dramatisch» beurteilt Aussenpolitiker Portmann die Entwicklung in Nahost. Allerdings habe man damit rechnen müssen. «Der Iran hat mehrmals das Völkerrecht gebrochen», sagt er. Von den Europäern sei es daher blauäugig, darauf zu hoffen, dass man dem Mullah-Regime weitere Versprechen abringen könne. «Die Zeiten sind vorbei, in denen man Völkerrechtsbrechern wie dem Iran mit Völkerrecht begegnen kann.»
Der US-Angriff lege die Basis für eine Stabilisierung der Region, glaubt Portmann. Der Iran müsse nicht nur dazu gezwungen werden, sein Atomprogramm zu beerdigen, sondern auch die Unterstützung terroristischer Gruppierungen zu beenden. «Die Schweiz könnte einen langfristigen Stabilisierungs- und Friedensprozess im Nahen Osten als Mediatorin begleiten.»
Vieles im Nebel
Allerdings gibt es in Diplomatenkreisen auch kritische Stimmen, die für die Schweiz keine grössere Rolle sehen als die der blossen Briefträgerin. Stattdessen könnte etwa Oman stärker in den Fokus rücken, wo im Vorfeld bereits Nuklear-Gespräche zwischen den USA und dem Iran stattgefunden haben – wenn bisher auch erfolglos.
Ob und wie stark die Schweiz involviert bleibt, hänge auch davon ab, welche Ziele sich die Amerikaner gesetzt haben. Ist das Kriegsziel mit der Zerstörung der Atomanlagen erreicht? Oder geht es doch Richtung Regime-Wechsel? Hier bleibe noch vieles im Nebel, heisst es in Diplomatenkreisen.