Darum gehts
- Genf im Fokus: Treffen zu Trumps Friedensplan für die Ukraine
- Gabriel Lüchinger, Spitzendiplomat, spielte entscheidende Rolle bei Genfer Treffen
- Lüchinger organisierte 2024 Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock mit Selenski
Für einmal stand Genf wieder im Fokus der Weltpolitik: Am Sonntag trafen sich dort Vertreter aus Washington, Kiew und weiteren Staaten. US-Aussenminister Marco Rubio (54) und der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak (54) verhandelten über den umstrittenen Friedensplan von US-Präsident Donald Trump (79) – jenen 28-Punkte-Vorschlag, den viele als Zugeständnis an Russland werten.
Dass Genf zum Schauplatz wurde, ist ein Erfolg für die Schweizer Diplomatie, zumal im «internationalen Genf» gerade Hunderte Stellen abgebaut werden. Offiziell gab sich das Aussendepartement (EDA) in Bern zurückhaltend. Das Treffen habe «auf Wunsch der Vereinigten Staaten und der Ukraine in Genf stattgefunden», hiess es bloss. Doch hinter den Kulissen soll ein Spitzendiplomat entscheidend mitgeholfen haben, damit die Rhonestadt zum Zug kam: Gabriel Lüchinger (48).
Er organisierte Bürgenstock-Gipfel
Wie Blick bereits am Sonntag erfuhr, trat Lüchinger in Genf als eine Art Gastgeber auf. Er begrüsste die verschiedenen Delegationen, angeführt von den nationalen Sicherheitsberatern. Wer ist der Berner, der über ein bemerkenswert gutes internationales Netzwerk verfügt?
Lüchinger ist in der Schweizer Diplomatie so etwas wie der «Mann für alle Fälle». Seine offizielle Funktion: Er leitet die EDA-Abteilung «Internationale Sicherheit» – im Rang eines Botschafters. In dieser Funktion organisierte er im Sommer 2024 auch die Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock mit.
Als die Staatslenker mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) verhandelten, stand er daneben. Im Saal sass er in der zweiten Reihe, gleich hinter Aussenminister Ignazio Cassis (64). Im Vorfeld war Lüchinger um die Welt gereist, hatte in zahlreichen Ländern für den Ukraine-Gipfel geworben.
Schnelle Karriere auch in der SVP
Der Bürgenstock-Gipfel war die bisherige Krönung einer rasanten Karriere, die der gelernte Jurist beim Verteidigungsdepartement begann. Als Militärattaché arbeitete Lüchinger auf den Schweizer Botschaften in Kairo und Abu Dhabi.
2016 wurde er Generalsekretär der SVP unter dem damaligen Parteipräsidenten und heutigen Bundesrat Albert Rösti (58). Lange blieb er nicht. 2018 kam er als persönlicher Mitarbeiter zu Bundesrat Guy Parmelin (66) und absolvierte danach den diplomatischen Concours.
Nur vier Jahre später wechselte Lüchinger ins Aussendepartement, als Chef einer der wichtigsten Abteilungen. Andere brauchen für eine solche Karriere Jahrzehnte. Einen kleinen Kratzer gab es, als ihn die SVP 2023 für die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr (62) in Stellung brachte – gewählt wurde stattdessen GLP-Mann Viktor Rossi (57).
Wichtige Rolle beim Zolldeal
Im April dieses Jahres setzte der Bundesrat Lüchinger als Sondergesandten der Schweiz für die Beziehungen zu den USA ein, kurz nachdem der Zollstreit mit der Trump-Regierung aufgeflammt war. Am Verhandlungstisch sass er selbst zwar nicht, der Zollstreit lief hauptsächlich über Wirtschaftsminister Guy Parmelin (66) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) um Chefin Helene Budliger Artieda (60). Dennoch soll der Diplomat eine wichtige Rolle gespielt haben, wenn es darum ging, die Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA aufrechtzuerhalten.
Lüchinger, so heisst es in Bern, verfüge über gute Kontakte in amerikanische Sicherheitskreise. So kennt er etwa den US-Sondergesandten Steve Witkoff (68), einen langjährigen Freund und Golfpartner Trumps. Laut Informationen von CH Media könnte insbesondere seine Vernetzung unter den nationalen Sicherheitsberatern geholfen haben, dass nun die Ukraine-Gespräche in Genf stattgefunden haben.
«Beide Seiten wünschten, dass die Schweiz dieses Treffen organisiert, vor allem aufgrund der Rolle des internationalen Genfs und der Neutralität der Schweiz», erklärte das EDA am Sonntag gegenüber Blick.
Und Lüchinger selbst? Öffentliche Äusserungen des Spitzendiplomaten sind selten. Sichtbar wird er da schon eher in Herzogenbuchsee BE, wo er für die SVP im Gemeinderat sitzt. Sein Ressort: öffentliche Sicherheit. Anfang Dezember an der Gemeindeversammlung des 7400-Einwohner-Orts wird auch sein Einsatz wieder gefragt sein. Lüchinger scheint mühelos zwischen dem beschaulichen Oberaargau und den Schaltzentralen der Weltpolitik zu pendeln.