Schweizer Gefängnisse schrecken sie nicht ab
SVP will Kriminelle in den Maghreb-Knast schicken

Junge Männer aus Maghreb-Staaten haben kaum Asyl-Chancen und werden in der Schweiz überdurchschnittlich oft kriminell. Zur Abschreckung will die SVP die Schraube anziehen. Und sie steht damit nicht allein.
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Junge Männer aus Maghreb-Staaten haben in der Schweiz praktisch keine Asylchance – werden aber überdurchschnittlich oft kriminell.
Foto: GAETAN BALLY

Darum gehts

  • SVP fordert härtere Strafen für kriminelle Asylbewerber aus Maghreb-Staaten
  • Vorschlag: Straftäter sollen Haftstrafen in Herkunftsländern verbüssen
  • Marokkaner werden 8-mal, Tunesier 9-mal öfter als Schweizer angezeigt
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Sie dominieren die Asyldebatte in der Schweiz seit Jahren: junge Männer aus Maghreb-Staaten. Die Chance auf Asyl ist bei Nordafrikanern gering – über 99 Prozent werden abgelehnt. Gleichzeitig lassen sie die Zahlen in der Kriminalstatistik hochschnellen – und bringen damit auch die Justiz an den Anschlag.

Laut Psychiater Frank Urbaniok (63) werden Marokkaner mehr als achtmal, Tunesier mehr als neunmal öfter als Schweizer wegen schwerer Gewalttaten angezeigt. Asylminister Beat Jans (61) reagierte mit einem 24-Stunden-Verfahren. Asylzentren sollten schneller von nicht schutzbedürftigen Personen entlastet werden. Der Erfolg aber blieb überschaubar.

Betroffene hätten in der Schweiz nicht viel zu befürchten

Der SVP ist das schon lange ein Dorn im Auge. Diese Woche will Nationalrätin und Juristin Nina Fehr Düsel (45) einen politisch möglichst breit abgestützten Vorstoss einreichen. Gerade Serien- und Intensivtäter aus dem Maghreb ohne gültige Asylgründe sollen härter bestraft werden – etwa mit einer Ausweitung der 48-Stunden-Schnellverfahren bei Diebstahl, Einbruchdiebstahl und ähnlichen Delikten sowie raschen Rückführungen.

Und das ist noch nicht alles. Die betroffenen Straftäter hätten in der Schweiz gar nicht viel zu befürchten, sagt Fehr Düsel. Hiesige Gefängnisse würden sie kaum abschrecken. Der Bundesrat soll mit den Herkunftsländern daher ein Abkommen treffen, dass Täter ihre Strafe dort verbüssen sollen – allenfalls mit finanzieller Vergütung durch den Bund an die entsprechenden Staaten: «Davon würden letztlich beide Seiten profitieren.»

Betroffene sollen wissen, dass sie hier keine Chance haben

Fehr Düsel verweist auf den interkulturellen Mediator Abel Tizeroual. Dieser hatte kürzlich im «Tages-Anzeiger» gefordert, der Staat müsse viel härter gegen junge Serientäter aus dem Maghreb vorgehen. Marokkaner, die schon lange hier lebten, würden sich für ihre kriminellen Landsleute schämen und fänden, die Schweiz sei zu nachsichtig. Die jungen Männer würden sich so verhalten, «weil sie wissen, dass ihnen hier nicht viel passiert und die Gefängnisse eigentlich recht bequem sind».

Auch würden Influencer auf Tiktok oder Instagram vorgaukeln, sie würden hier Geld und ein gutes Leben finden. Dann merkten sie hier, dass sie gar keine Chance haben, Asyl oder sonst ein Bleiberecht zu erhalten. Und sie dürfen nicht arbeiten. Das führe zu Frust, zu Renitenz gegenüber den Strafbehörden.

Diese Männer müssten wissen, «dass die Schweiz hart ist, dass sie sehr schnell zurückgeführt werden». Noch besser wäre, sie müssten ihre Strafe für in der Schweiz begangene Delikte in ihrer Heimat absitzen, findet Tizeroual. 

Dortige Gefängnisse seien härter als hier. Zudem sei die Haft in der Schweiz eine Möglichkeit, trotzdem in Europa zu bleiben und nach der Entlassung unterzutauchen. Würden sie die Strafe in Marokko absitzen, müssten sie später erneut den kostspieligen, gefährlichen und beschwerlichen Weg nach Europa zurücklegen.

Im Sommer 2024 traf Blick einen tunesischen Schlepper, der Jahr für Jahr Tausende Flüchtende von der Küste Nordafrikas illegal nach Europa bringt. Ein schockierender Einblick ins Geschäft mit verzweifelten Migranten.

Europäische Staaten suchen nach Lösungen

In Europa gibt es immer wieder Pläne zur raschen Abschiebung von Flüchtlingen. Italiens Premierministerin Giorgia Meloni (48) hatte in Albanien Zentren errichten lassen, wo Flüchtlinge ihre Anträge stellen und nach EU-Recht abwarten sollten. Dagegen erhob Italiens Justiz immer wieder Einspruch, die Zentren blieben bisher leer.

Auch die frühere britische Regierung scheiterte mit dem Plan, Asylverfahren nach Ruanda auszulagern. Ihr kam der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs dazwischen: Ruanda sei kein sicheres Land, und Asylsuchende liefen dort Gefahr, nicht fair behandelt zu werden.

Dennoch sollen nach wie vor europäische Staaten wie die Niederlande oder Österreich ihre Möglichkeiten ausloten. So werde etwa geprüft, ob Menschen in eine Art Zwischenlager gebracht werden könnten, wenn ihre Asylanträge abgelehnt wurden, sie aber nicht in ihre Heimatländer gebracht werden können, weil ihnen dort Gefahr droht.

In solchen «Transit Hubs» könnten die Menschen fernab von Europa versorgt werden, bis sich die Lage in ihrem Heimatland gebessert habe. Wien denke etwa an eine Lösung in Uganda, berichten österreichische Medien.

Bundesrat Jans zeigte sich bisher skeptisch gegenüber solchen Ansätzen. In manchen europäischen Ländern sei Hektik ausgebrochen, sagte er im «Tages-Anzeiger»: «Man kündigt Massnahmen an, die nichts nützen und die teilweise auch nicht umgesetzt werden können.» Projekte wie jenes von Italien sehe er als rechtlich heikel an.

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