Darum gehts
- Grüne fordern Anpassung des Finanzausgleichs nach Bergsturz in Blatten
- SVP will Entwicklungsgelder für den Wiederaufbau von Blatten einfrieren
- Brisante Forderungen in Zeiten von Spardruck
Die Naturkatastrophe von Blatten VS bewegt die Schweiz. Und zieht politische Vorstösse nach sich. Die Grüne Partei fordert nach dem Bergsturz eine Anpassung des Nationalen Finanzausgleichs (NFA). Der Walliser Nationalrat Christophe Clivaz (56) wird in der morgen beginnenden Sommersession eine entsprechende Motion einreichen, wie er Blick bestätigt.
Laut Clivaz soll im vom Bund finanzierten Lastenausgleich neu das Risiko von Naturkatastrophen berücksichtigt werden: Regionen, die durch Ereignisse wie Felsstürze, Waldbrände oder Dürre bedroht sind, sollen in Zukunft mehr Mittel erhalten. Profitieren würden vor allem Bergregionen. Aber nicht nur: «Die Bergler sind einfach die Ersten, die mit den negativen Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert werden», sagt der Walliser Parlamentarier.
Grüne hoffen auf eine Mehrheit
Ist für die Grünen also klar, dass die Klimaerwärmung schuld ist an der Katastrophe im Lötschental? «Es ist sehr wahrscheinlich, dass die globale Erwärmung eine Rolle gespielt hat, auch wenn sie nicht der einzige Faktor ist», sagt Clivaz. Er will mit seinem Vorstoss das Momentum nach dem Blatten-Unglück nutzen: Der Zeitpunkt für eine Mehrheit sei jetzt «sicher günstiger als zuvor».
Die Forderung nach zusätzlichen Bundesmitteln für bedrohte Bergregionen steht im Gegensatz zum Vorschlag des Thinktanks Avenir Suisse. Dieser provozierte nach den verheerenden Unwettern im Wallis und im Tessin vor einem Jahr mit dem Standpunkt, die Schweiz müsse künftig Siedlungen in stark exponierten Tälern wohl aufgeben: Wenn der Schutz und der Erhalt solcher Dörfer wegen des Klimawandels noch teurer werde, könne man das volkswirtschaftlich irgendwann nicht mehr rechtfertigen. Die Grünen wollen, gestützt auf Blatten, den Weg nun in die entgegengesetzte Richtung gehen.
Dettling attackiert die Entwicklungshilfe
Derweil geht die SVP mit einem ganz anderen Ansatz ins Rennen. Die Partei fordert, dass der Bund zugunsten des Wiederaufbaus von Blatten die Hälfte der Entwicklungsgelder einfriert. «Wir werden in der Sommersession einen entsprechenden Vorstoss einreichen», sagte SVP-Präsident Marcel Dettling (44). «Die Entwicklungsgelder wurden in den letzten dreissig Jahren verdreifacht», argumentiert der Schwyzer Nationalrat, dort liege also etwas drin. «Und wenn einmal ein Ort in der Schweiz dringend Hilfe benötigt, dann sollten die Gelder auch einmal für die einheimische Bevölkerung verwendet werden können.»
Das Szenario soll so lange gelten, bis die nicht gedeckten Schäden in Blatten vom Bund bezahlt werden. Dettling zielt damit auf ein heikles politisches Dossier: die Verteilung der Bundesfinanzen in Zeiten des Spardrucks. Auch wenn das Anliegen keine Mehrheit finden sollte, verschärft die Partei damit die Debatte über die Frage, wie sich die Schweiz mit ihrer Zusammenarbeit international positionieren soll.