Nur Ukraine nützt es nichts
Nationalratskommission will Waffenexporte wieder deutlich lockern

Schweizer Rüstungsbetriebe sollen künftig auch Kriegsmaterial in Länder ausliefern können, wenn sich diese in einem bewaffneten Konflikt befinden. Auch die Weitergabe von Waffen soll grundsätzlich möglich sein. Das will die zuständige Nationalratskommission.
Publiziert: 16:48 Uhr
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Aktualisiert: 17:00 Uhr
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Die Schweiz verbot etwa Deutschland, Gepard-Munition in die Ukraine zu liefern. Mittlerweile wollen mehrere Staaten keine Schweizer Waffen mehr kaufen.
Foto: MAURIZIO GAMBARINI

Darum gehts

  • Schweiz ringt mit Kriegsmaterialgesetz. Parlament möchte Regeln für Waffenexporte ändern
  • Bürgerliche wollen Rüstungsindustrie retten, Linke Ukraine helfen und Waffenverbreitung verhindern
  • Ständerat will Export in 25 bestimmte Staaten mit ähnlichen Werten erlauben
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Die Mühlen in Bern mahlen langsam. Schon seit Beginn des Ukraine-Kriegs ringt die Schweiz mit dem Kriegsmaterialgesetz (KMG). Das sind mittlerweile weit über dreieinhalb Jahre.

Erst kurz vor dem Krieg verschärft, verbietet das Gesetz die Weitergabe von Rüstungsgütern an Länder in einem bewaffneten Konflikt. Sprich: Der Westen darf keine Waffen aus Schweizer Produktion an die Ukraine weitergeben. Bern hat sich damit keine Freunde gemacht. Mehrere Staaten haben angekündigt, kein Schweizer Kriegsmaterial mehr kaufen zu wollen.

Längst möchte das Parlament das wieder ändern. Die Ratslinke würde gerne der Ukraine helfen, aber auch verhindern, dass Schweizer Waffen unerwünscht irgendwo auf der Welt auftauchen.

Die Bürgerlichen wollen die Neutralität hochhalten, aber auch die hiesige Rüstungsindustrie retten. Ihr droht der überlebenswichtige Markt im Ausland wegzubrechen. Und ohne Waffenschmieden im eigenen Land ist die Durchhaltefähigkeit der Schweizer Armee gefährdet.

Im Sommer versuchte der Ständerat, Nägel mit Köpfen zu machen: Neu soll der Export in 25 bestimmte Staaten mit ähnlichen Werten grundsätzlich erlaubt sein. Auch dürften diese frei darüber verfügen, Waffen und Munition an Drittstaaten weiterzugeben. Die bürgerliche Mehrheit will die Regeln also deutlich lockern – zugunsten der Schweizer Rüstungsindustrie.

Lockerung nützt der Ukraine nichts

Noch ist die Gesetzesänderung nicht im Trockenen. Erst muss auch der Nationalrat zustimmen. Seine vorberatende Sicherheitskommission (SiK) will nun aber sogar noch weitergehen. Schweizer Rüstungsbetriebe sollen künftig auch Kriegsmaterial in Länder ausliefern können, wenn sich diese in einem bewaffneten Konflikt befinden. Auch die Weitergabe von Waffen soll grundsätzlich möglich sein.

Das Ganze beinhaltet jedoch ein grosses Aber: Die Weitergabe darf aussen-, sicherheits- und neu auch neutralitätspolitischen Interessen nicht entgegenstehen. Damit wäre eine Weitergabe von Waffen und Munition weiterhin nicht möglich. Das dürfte den westlichen Staaten weiterhin nicht passen.

Für Gegner ein Widerspruch zur Neutralität

Wegen der angespannten Sicherheitslage erachtet es die bürgerliche Kommissionsmehrheit als entscheidend, die hiesige Rüstungsindustrie zu stärken und so auch Verteidigungsfähigkeit des Landes. Die Minderheit dagegen kritisiert, dass die Lockerung einzig im Interesse der Industrie sei, nicht aber in jenem der neutralen Schweiz, die sich vorab für Frieden und Menschenrechte einsetzen solle. Zudem prangern sie an, dass die Ukraine von der Änderung nicht profitiere.

Hält die bürgerliche Allianz und National- und Ständerat können in der Wintersession letzte Differenzen bereinigen, ist ein Referendum dagegen so gut wie sicher. Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) hatte ein solches schon vor der Ständeratsdebatte im Sommer vorsorglich beschlossen. SP und Grüne dürften sie dabei unterstützen. Das letzte Wort hätte also das Volk.

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