Darum gehts
- Preisüberwacher und Politiker sehen Sparpotenzial bei überteuerten Laboranalysen
- Schweizer zahlen 50–70 Prozent mehr für Laboranalysen als im Ausland
- Durch erste Massnahmen konnten bereits 320 Millionen Franken gespart werden
Und wieder steigen die Krankenkassenprämien. 4,4 Prozent sind es nächstes Jahr – Besserung ist nicht in Sicht. Bundesbern hat noch kein Rezept gefunden gegen den jährlichen Anstieg.
Preisüberwacher Stefan Meierhans (57) und Mitte-Nationalrat Christian Lohr (63) sind allerdings überzeugt: Sie hätten schon längst ein wirksames Mittel gefunden, um Geld im Gesundheitsbereich zu sparen. Seit Jahren weisen sie darauf hin, dass die Schweizerinnen und Schweizer massiv zu viel bezahlen für Laboranalysen.
Preisüberwacher Meierhans sieht ein Potenzial von «mehreren Hundert Millionen Franken». «Alle bisher realisierten Auslandpreisvergleiche zeigen, dass die Schweizer Prämienzahlenden notorisch überhöhte Tarife für Laboranalysen bezahlen», sagt Meierhans.
Tatsächlich lieferte kürzlich eine Studie Material für diese Vermutung. Sie zeigt, dass Schweizerinnen und Schweizer zwischen 50 und 70 Prozent mehr zahlen für die Analysen. In Auftrag gegeben hat die Studie das Bundesamt für Gesundheit. Brisant: Höhere Löhne oder regulatorische Vorschriften wurden schon herausgerechnet.
Kommt frühestens 2027 Bewegung in die Sache?
Nationalrat Lohr befasst sich seit Jahren mit dem Thema. Eben erst hat er wieder einen Vorstoss eingereicht und den Bundesrat einmal mehr an das Sparpotenzial erinnert. «Die Inkraftsetzung des neuen Tarifs wurde schon mehrmals nach hinten verschoben, was langsam, aber sicher einem Trauerspiel gleichkommt», sagt Lohr.
Er hofft auf etwas mehr Beschleunigung im Dossier. Denn es geht um viel Geld: 2 Milliarden Franken Laborkosten fielen 2024 laut der Statistik der obligatorischen Krankenversicherung an. Das sind 4,7 Prozent der Kosten.
2027 sollen nun neue Tarife eingeführt werden. «Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass der Widerstand seitens Labore andauert und die Arbeiten weiter verzögert», sagt der Preisüberwacher.
Bund betont: Bereits 320 Millionen gespart
Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) wehrt man sich gegen die Vorwürfe, nicht rasch genug vorwärtszumachen. Grundsätzlich aber verlaufe die Revision der Tarife «aktuell absolut planmässig». Dass die Überprüfung ihre Zeit benötigte, habe nicht nur mit der Belastung während Covid zu tun. Es müssen auch rund 1300 Tarifpositionen überprüft werden.
Diverse Tarife und Vergütungen seien in den letzten Jahren angepasst worden, sagt BAG-Sprecherin Gabriela Giacometti. So verordnete etwa der damalige Gesundheitsminister Alain Berset 2022 eine Tarifkürzung um 10 Prozent. «Allein im Jahr 2023 konnten insgesamt Einsparungen von rund 320 Millionen Franken erzielt werden», heisst es beim Bundesamt. So konnten auch die Kosten pro Kopf und Analyse innerhalb von drei Jahren um 19 Prozent gesenkt werden.
Das Problem: Während die Kosten für die einzelne Analyse abnahmen, stieg die Zahl der Analysen insgesamt. Dies hat die Einsparungen wieder aufgefressen.
Labore wehren sich: Sparpotenzial wird massiv überschätzt
Der Verband der medizinischen Labore der Schweiz weist die Vorwürfe von überteuerten Tarifen zurück. «Die Laborkosten entwickeln sich über die Jahre parallel zu anderen Kosten der Krankenversicherung», sagt Geschäftsführer Thomas Zurkinden. «Die Laborkosten steigen ausserdem vor allem aus demografischen Gründen und wegen des medizinischen Fortschritts.»
In den letzten Jahren habe es nicht nur eine Senkung gegeben, auch die Teuerung sei nie ausgeglichen worden. «Vor dem Hintergrund stetig steigender regulativer Anforderungen an die Labore ist dies eine grosse Herausforderung für die Branche.»
Den Auslandsvergleich des Bundesamts für Gesundheit hält Zurkinden für «irreführend». Die Aussagekraft sei begrenzt, da die Rahmenbedingungen von Land zu Land zum Teil erheblich unterschiedlich seien. Der Verband geht letztlich von 3 Prozent Differenz aus.
Das will Preisüberwacher Meierhans nicht gelten lassen. Dem unterschiedlichen Kostenniveau sei in der Studie Rechnung getragen worden, sagt er. «Die verbleibende Differenz ist immer noch sehr hoch und aus meiner Sicht inakzeptabel für die Schweizer Prämienzahlenden.»
Ärzte mischen mit
In den Fokus geraten könnten auch die Ärzte, die Laboranalysen anordnen – und teils in den Praxislaboren selber durchführen. «Die deutliche Mengenausweitung muss mit der verordnenden Ärzteschaft angeschaut werden», heisst es etwa beim Bundesamt für Gesundheit. Und der Verband der medizinischen Labore weist darauf hin, dass die Ärztinnen und Ärzte rund 40 Prozent der Analysen in eigenen Praxislaboren durchführten. Dadurch gingen massive Skaleneffekte verloren.
Egal wie gerechnet wird: Tatsache ist, dass in der Schweiz die Labore nie weit von den Ärzten und Spitälern entfernt sind. Das heisst: Patientinnen und Patienten erhalten die Resultate auch sehr rasch und sind bestens versorgt.