Aggressive Kundenwerbung
Krankenkassenvermittler ignorieren Verbot

Die Finanzmarktaufsicht verfolgt 335 Hinweise zu mutmasslich verbotenen Akquisen für Krankenkassen. Vermittler dürfen Kunden seit gut einem Jahr nicht mehr anrufen und zu einem Wechsel animieren.
Publiziert: 14:42 Uhr
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Aktualisiert: 15:29 Uhr
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Vermittler versuchen oft, aus dem Ausland Kunden für Krankenkassen zu gewinnen.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Trotz Verbot: Krankenkassenvermittler belästigen Versicherte mit unerwünschten Werbeanrufen
  • Finma überwacht Zusatzversicherungen, ergreift Massnahmen bei Verstössen gegen Kaltakquise-Verbot
  • 335 Hinweise auf verbotene Anrufe seit Inkrafttreten des Gesetzes vor 13 Monaten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Andreas SchmidInlandredaktor

Die Vermittler rufen an, auf die Handynummer, von irgendwoher. Und überfallen die potenziellen Kunden mit verlockenden Krankenkassenangeboten. Eine Zusatzversicherung, die mehr an das Fitnessabo zahlt, für die neue Brille aufkommt und Kosten für Alternativmedizin begleicht. Kaum jemand entkommt solchen Telefonkontakten. Die erneut steigenden Prämien heizen die Wechselgelüste an, die Makler wittern gute Geschäfte.

Dabei sind die Anrufe bei Versicherten zu einem guten Teil verboten, denn seit 1. September 2024 untersagt das Gesetz sogenannte Kaltakquisen. Das heisst, Makler dürfen Versicherte nicht direkt kontaktieren, falls diese nie oder länger als drei Jahre nicht mehr Kunden der angepriesenen Krankenkasse waren.

In der Grundversicherung überwacht das Bundesamt für Gesundheit die Einhaltung des Gesetzes, im lukrativen Segment der Zusatzversicherungen ist die Finanzmarktaufsicht (Finma) dafür zuständig. Sie nimmt Hinweise von Betroffenen entgegen, denen ein Vermittler ungebeten eine neue Krankenkasse schmackhaft machen wollte.

Verlockende Provisionen

Das Geschäft ist lohnend, Maklern winken je nach Versicherung und Kunde Provisionen von mehreren Tausend Franken pro neuen Abschluss. Da schrecken Verbot und drohende Sanktionen offensichtlich beschränkt davor ab, die Akquisen zu unterlassen. Eine Erhebung des Beratungsunternehmens Deloitte jedenfalls zeigt, dass über 40 Prozent der Befragten in diesem Jahr mit Werbeanrufen konfrontiert waren.

Die unerwünschten Kontakte schlagen sich auch in Meldungen an die Finma nieder: Seit Inkrafttreten des Verbots vor 13 Monaten habe die Aufsicht 335 Hinweise erhalten, sagt Sprecherin Ursula Keel zu Blick. Den Verdachtsfällen gehe die Finma nach. «Wo angezeigt, ergreifen wir die erforderlichen Massnahmen.»

Bis zu 100'000 Franken Busse drohen Versicherungen und unabhängigen Vermittlern, die Finma kann den sofortigen Stopp der missbräuchlichen Akquisen verfügen und den Fehlbaren die Tätigkeitsbewilligung entziehen. In einigen Fällen hat die Finma sogar Strafanzeigen erstattet. Bereits im vergangenen Dezember informierte die Aufsicht über diesen Schritt. Wie oft und gegen wen die Finma gesamthaft Strafanzeigen einreichte, gibt Sprecherin Keel nicht bekannt. Sie hält aber fest: «Bisher liegen keine Gerichtsurteile zum Kaltakquise-Verbot vor.»

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Beschränkte Ressourcen

Zum einen ist die Menge an Verdachtsfällen für die Finma mit beschränkten Ressourcen in diesem Feld schier nicht abzutragen. Zum anderen sind die Abklärungen enorm aufwendig. Sprecherin Keel hält fest: «Generell ist festzuhalten, dass missbräuchliche Konstrukte oft komplex und mehrstufig aufgebaut sind und teilweise einen Auslandbezug aufweisen.» So hat es die Finma unter anderem mit Callzentren im Ausland zu tun, sodass der Nachweis von Verstössen fast nicht zu erbringen ist und die Vermittler kaum Sanktionen fürchten müssen.

Finma-Sprecherin Keel hofft denn auch, dass die Kassen von unlauteren Praktiken absehen, denen die Vermittler zudienen, die aber bei Verstössen in Verruf geraten könnten. Die Finma sensibilisiere die Krankenkassen laufend für das Thema der verbotenen Kaltakquisen, betont Keel.

Das aber wird viele Versicherte auch in nächster Zeit nicht vor Werbeanrufen von Krankenkassenmaklern verschonen.

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