Darum gehts
- EU-Abkommen: Debatte dominiert von Gegnern
- Deutscher Politiker kritisiert Zurückhaltung des Schweizer Bundesrats beim EU-Deal
- Besonders Politiker aus Grenzregionen verfolgen die Debatte interessiert
Es wird das grosse Polit-Thema der kommenden Jahre: Wie regelt die Schweiz ihr Verhältnis zur Europäischen Union? Nach jahrelangen Verhandlungen hat der Bundesrat die neuen Verträge mit Brüssel in die Vernehmlassung geschickt – und damit den Startschuss gegeben für einen der härtesten Abstimmungskämpfe seit langem.
Klar ist: Bisher dominierten die Gegner des Abkommens die Debatte. Rund um Magdalena Martullo-Blocher (55) kämpft die SVP mit allen Mitteln gegen die Verträge. Und mit der Kompass-Initiative wollen prominente Unternehmer dafür sorgen, dass der EU-Deal dem Ständemehr unterstellt wird.
Die EU-Befürworter kommen hingegen nur langsam in Fahrt. Auch der Bundesrat vertrat die neuen Abkommen bisher eher zurückhaltend. Lediglich Justizminister Beat Jans (60, SP) – der als EU-Turbo gilt – wagt sich hin und wieder mit einem deutlichen Appell aus der Deckung. So etwa im Blick-Interview, wo er das Paket kürzlich mit dem Rütlischwur verglich.
Rüffel für den Bundesrat
Ennet der Grenze sorgt die Zurückhaltung für Unmut. CDU-Politiker Andreas Schwab (52) findet so deutliche Worte wie bisher niemand. Er rechnet mit der Schweizer Landesregierung ab: Bislang lege sich nur Bundesrat Jans fürs Abkommen ins Zeug. «Die anderen haben die Hosen voll», sagte Schwab dem «Südkurier».
Schwab ist Europaabgeordneter und Bezirksvorsitzender der CDU Südbaden. Er hofft ebenfalls darauf, dass die Schweizer Parteien mehr Werbung fürs Abkommen machen. «Wir machen ehrlicherweise nur einen kleinen Schritt, den wir vor zwanzig, dreissig Jahren hätten machen sollen», so Schwab.
Viel Lob für Jans
Auch andere Vertreter der Grenzregionen verfolgen die EU-Debatte eng. Rita Schwarzelühr-Sutter (62) ist SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Waldshut. Besonders in ihrer Grenzregion sei spürbar, dass die Schweiz wirtschaftlich, wissenschaftlich und gesellschaftlich eng mit der EU verflochten sei, sagt sie zu Blick. «Hier leben und arbeiten Tausende Menschen grenzüberschreitend. Unternehmen sind über Jahre hinweg zusammengewachsen, Familien leben auf beiden Seiten.»
Den Einsatz von Bundesrat Jans lobt auch die Sozialdemokratin: «Wer wie er in einer Grenzregion lebt, kennt die Realität des Miteinanders mit Deutschland und Frankreich – und bringt ein anderes Verständnis für grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit.»
Einige Teile des Abkommens hätten direkte Auswirkungen auf die Nachbarländer – etwa die Liberalisierung des internationalen Personenverkehrs. Für Unternehmen würde sich zum Beispiel die Meldefrist für entsandte Arbeitnehmer in die Schweiz halbieren.
«Verträge haben Grenzen erreicht»
Felix Schreiner (39), der Vorsitzende der Deutsch-Schweizerischen Parlamentariergruppe im Bundestag, beobachtet die Entwicklungen rund um den EU-Deal aufmerksam. «Eine Bestätigung des verhandelten neuen Abkommens zwischen der EU und der Schweiz ist aus meiner Sicht unverzichtbar», so der CDU-Abgeordnete zu Blick.
Für Schreiner ist klar: «Die bisherigen bilateralen Verträge haben in den letzten Jahren ihre Grenzen erreicht und decken zahlreiche neue Entwicklungen und Herausforderungen nicht mehr ab.»