Wende bei Gewerkschaften
«Wir werden für die EU-Verträge kämpfen»

Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes, kündigt überraschend deutlich die Unterstützung des neuen EU-Deals an – abgesehen vom Stromabkommen. Doch die Zustimmung der Gewerkschaften ist an eine klare Bedingung geknüpft.
Publiziert: 18.06.2025 um 19:30 Uhr
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Aktualisiert: 18.06.2025 um 20:04 Uhr
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Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes, will für den EU-Deal «kämpfen». Zumindest unter gewissen Bedingungen.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Gewerkschaften blicken wegen Lohnschutz-Kompromiss positiver auf EU-Deal
  • SGB-Chefökonom verspricht aktive Unterstützung für neues EU-Abkommen
  • 2018 kippten Gewerkschaften das Rahmenabkommen wegen Lohnschutz-Bedenken
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Nastasja HofmannRedaktorin Politik

Noch im Dezember war der neue EU-Deal für Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (56, SP) ein No-Go – der Lohnschutz war damals wie schon bei früheren Verhandlungen das zentrale Problem. Inzwischen haben sich die Sozialpartner zusammengerauft und einen Kompromiss gefunden, mit dem die Gewerkschaften so weit zufrieden sind. Nun folgt eine überraschend klare Ansage von Daniel Lampart (57). Als Chefökonom ist er der Vordenker des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB).

Im SRF-«Tagesgespräch» sagte Lampart: «Wenn die Lohnschutzmassnahmen Bestand haben, werden wir nicht nur Ja sagen, sondern uns aktiv dafür einsetzen. Ja, wir werden dafür kämpfen.» Ein plötzlicher Meinungswechsel?

Gewerkschaften kippten Rahmenabkommen

Grundsätzlich ist es für den Bundesrat nicht einfach, eine Mehrheit für den EU-Deal zu finden, wenn nicht die Mehrheit der Parteien, Kantone, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften hinter dem Abkommen steht. Das bekam der Bundesrat bei den letzten Verhandlungen zu spüren – sie scheiterten letztlich am fehlenden Rückhalt.

Im Sommer 2018, als Bundesrat Ignazio Cassis (64, FDP) den generellen Lohnschutz aufweichen wollte, lehnten die Gewerkschaften das Rahmenabkommen ab. Auch bei den anschliessenden Nachverhandlungen trat Daniel Lampart auf die Bremse. Ein Abkommen ohne eigenständigen Lohnschutz könne man nicht akzeptieren, definierte er 2021 die roten Linien.

Unterstützung mit Hintertür

Da sich die Gewerkschaften diesmal einigen konnten und der Lohnschutz aus ihrer Sicht offenbar genügend abgesichert ist, kommen jetzt positive Signale. Dass der SGB deutliche Unterstützung für das EU-Paket andeutet, bedeutet eine Meinungsänderung. Für Daniel Lampart ist diese jedoch nur konsequent. Gegenüber SRF sagte er: «Wir haben immer gesagt, die Löhne der Leute sind nicht verhandelbar. Aber ja, wir haben die Meinung geändert, weil viele Probleme gelöst sind.»

SGB-Mediensprecher Urban Hodel betont auf Blick-Anfrage, dass man differenzieren müsse. Ein Ja gebe es «nur mit der Bedingung, dass das Parlament dem Lohnschutz-Paket des Bundesrates zustimmt». Eine definitive Parole könne der SGB erst fassen, wenn der parlamentarische Prozess abgeschlossen ist, so Hodel weiter.

Die von Lampart angekündigte «aktive» Unterstützung – dass man «dafür kämpfen» werde – ist also eher eine «Ja, aber»-Zusage. Die Gewerkschaften lassen sich eine Hintertür offen. Zudem bezieht sich ihre Zustimmung auf das sogenannte Stabilisierungspaket mit den Lohnschutzmassnahmen. Denn bereits jetzt ist klar: Die Liberalisierung des Strommarkts und damit auch das Stromabkommen lehnen sie ab. Über dieses wird aber gesondert abgestimmt werden.

Ist der EU-Deal ein Fortschritt oder chancenlos?
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