Darum gehts
- F-35-Kampfjets könnten über eine Milliarde Franken Mehrkosten verursachen
- Gabriel Lüchinger könnte wichtige Rolle in Verhandlungen mit USA einnehmen
- Lüchinger ist seit April Sondergesandter für Beziehungen zu den USA
Beim teuersten Rüstungsdeal der Schweizer Geschichte droht ein finanzielles Fiasko: Über eine Milliarde Franken Mehrkosten könnten auf den Bund zukommen – ausgerechnet im Streit mit der Supermacht USA. Dabei hatte der Bundesrat jahrelang beteuert, die F-35-Kampfjets zum Fixpreis von rund 6 Milliarden Franken bestellt zu haben.
Nun musste der neue Verteidigungsminister Martin Pfister (61, Mitte) einräumen: Die USA fordern mehr Geld – und sprechen von einem «Missverständnis», was den Fixpreis betrifft.
Der Schweiz bleibt nur Diplomatie
Kommt die Schweiz aus diesem Schlamassel noch heraus? Eine rechtliche Klärung scheint ausgeschlossen, es bleibt nur der diplomatische Weg. Der Bundesrat erklärte zwar, den Dialog mit den USA fortzusetzen – blieb dabei aber vage. In Bundesbern mehren sich nun die Hinweise, dass ein aufstrebender Diplomat die heikle Mission übernimmt: Gabriel Lüchinger (48).
Laut gut informierten Quellen soll er eine wichtige Rolle in den Verhandlungen mit Washington einnehmen. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es keine, das Aussendepartement (EDA) äussert sich nicht näher dazu. Doch in Diplomatenkreisen heisst es: Lüchinger bringe das nötige Rüstzeug mit.
Sicherheitspolitiker trauen dem Berner, der Mitglied der SVP ist, hier eine führende Rolle zu. «Lüchinger kniet sich in die Dossiers rein, kennt die Themen und ist ein geschickter Verhandler», sagt Parteikollege und Ständerat Werner Salzmann (62, BE).
Der USA-Mann des Bundesrats
Seit April ist Lüchinger Sondergesandter der Schweiz für die Beziehungen zu den USA. Ernannt wurde er kurz nach dem Aufflammen des Zollstreits mit der US-Regierung unter Donald Trump (79).
Doch schon in der Mitteilung zu Lüchingers Ernennung stand, die Funktion diene als «gezielter und ergänzender Kontaktkanal mit Schwerpunkt auf der internationalen Sicherheit». Ein Satz, der im Frühjahr kaum beachtet wurde. Klar ist hingegen: Damals wusste der Bundesrat schon vom drohenden F-35-Schlamassel.
Die Ausgangslage für die Schweiz ist delikat: Der Bund bemüht sich um einen Deal mit den USA, um die von Präsident Trump verhängten Strafzölle abzumildern. Ein offener Streit über den F-35-Preis dürfte die ohnehin schwierigen Verhandlungen zusätzlich belasten. «Beides hängt letztlich leider zusammen», sagt ein Insider. «Botschafter Lüchinger wäre der Richtige, um dieses komplexe Gefüge zusammenzuhalten.» Dem Vernehmen nach steht für Lüchinger in diesen Wochen eine Reise in die USA an.
SP-Ständerätin Franziska Roth (59, SO) zeigt sich wenig überzeugt vom Kurs des Bundesrats. «Es ist geradezu die Fortsetzung der Märchenstunde und schlicht dilettantisch, das F-35-Debakel nun auf diplomatischem Weg lösen zu wollen», kritisiert sie. «In den USA fehlen die rechtlichen Grundlagen, um die Mehrkosten den eigenen Steuerzahlern aufzubürden – dazu werden sie garantiert nicht bereit sein.» Auch «ein engagierter Diplomat wie Herr Lüchinger» könne daran nichts ändern.
Lüchinger ist auch SVP-Lokalpolitiker
Wer ist der Mann? Lüchinger ist Chef der EDA-Abteilung «Internationale Sicherheit». In dieser Funktion organisierte der Botschafter 2024 auch die Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock mit.
Seine diplomatische Karriere verlief rasant: Nach Einsätzen als Militärattaché – Lüchinger ist Oberst der Schweizer Armee – absolvierte der gelernte Jurist noch den diplomatischen Concours. Wenige Jahre später übernahm er die Leitung einer der wichtigsten EDA-Abteilungen.
Lüchinger ist auch SVP-Gemeinderat in Herzogenbuchsee BE. Kurzzeitig war er Generalsekretär der Partei unter Albert Rösti (57), später persönlicher Mitarbeiter von Bundesrat Guy Parmelin (65). Von Medien wurde Lüchinger bereits zum «Shootingstar der Schweizer Aussenpolitik» («NZZ am Sonntag») hochgeschrieben. Öffentlich tritt er kaum in Erscheinung, der Berner gilt als «interviewscheu».
Mit dem Kampfjet-Dossier dürfte Lüchinger durchaus vertraut sein. Laut SRF-Recherchen aus dem Jahr 2022 war er zeitweise Teil einer geheimen Arbeitsgruppe, die im Vorfeld der Jet-Beschaffung eine «aussenpolitische Gesamtschau» machte.