Darum gehts
- Die Sicherheitsmassnahmen für diplomatische Vertretungen in der Schweiz steigen stark an
- 2015 gab es 120 Sicherheitsmassnahmen für diplomatische Vertretungen, 2024 bereits 580
- Die weltpolitische Lage führt dazu, dass die Berner Polizei stark gefordert ist
Sie postieren bewaffnet vor Botschaften. Halten verdächtige Personen diskret im Blick. Oder beraten Konsulate bei Schutzmassnahmen. In der Schweiz stehen immer mehr Sicherheitskräfte im Einsatz, um diplomatische Vertretungen anderer Staaten zu schützen.
Zahlen des Bundesamts für Polizei (Fedpol) zeigen einen massiven Anstieg: 2015 wurden noch 120 «Sicherheitsmassnahmen für ausländische diplomatische Vertretungen» verzeichnet, 2024 waren es bereits 580. Allein im vergangenen Jahr stieg die Zahl noch mal um rund ein Drittel an. Besonders betroffen sind Bern mit seiner dichten Botschaftspräsenz und Genf, wo zahlreiche internationale Organisationen ihren Sitz haben.
Die Berner sind «stark ausgelastet»
Gerade die Bundesstadt wird mehr und mehr zur Diplomatenfestung. Im Schatten weltpolitischer Spannungen rückt die Sicherheitslage ins Zentrum. «Die Planung und Personaldisposition sind zeitweise herausfordernd», erklärt die Kantonspolizei Bern gegenüber Blick. Die Beanspruchung des Botschaftsschutzes habe sich in den vergangenen Jahren stetig erhöht – man sei «stark ausgelastet».
Internationale Verträge verpflichten Bund und Kantone, die Botschaften zu schützen. Warum hat sich die Lage verschärft? Was alles umfasst eine Sicherheitsmassnahme? Und welche Länder sind besonders betroffen?
Vieles bleibt im Dunkeln. Das Fedpol erklärt knapp: «Aus Sicherheits- und Persönlichkeitsgründen» gebe es keine Angaben zu Staaten oder operativen Massnahmen. Schutzmassnahmen hingen stets von der aktuellen Lage ab. Man mache «eine individuelle Gefährdungsbeurteilung».
In Polizeikreisen wird man deutlicher: Vor allem Russlands Grossangriff auf die Ukraine und der Nahostkonflikt haben das Schutzbedürfnis zahlreicher Vertretungen erhöht. Im Fokus stehen etwa die Botschaften Russlands und der Ukraine sowie jene von Israel und von arabischen Staaten. Schon fast traditionell gilt die US-Botschaft als stark geschützt. «Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass sie besser bewacht ist als das Bundeshaus», sagt ein Polizist zu Blick.
Spuckattacke bei Russen, Feuerwerkattacke bei Ägyptern
Immer wieder geben Vorfälle rund um Botschaften zu reden. Kürzlich attackierten Vermummte die ägyptische Botschaft in Bern mit Feuerwerk und Pyros in Palästina-Farben. Dies offenbar auch als Reaktion darauf, dass ägyptische Botschaftsmitarbeitende einige Zeit zuvor zwei Pro-Palästina-Demonstranten mit Stöcken angegriffen hatten.
Diesen Juni hat die israelische Botschaft angesichts des andauernden Kriegs und der jüngsten Entwicklungen die Feier zum Nationalfeiertag abgesagt. Ob die Sicherheitslage dabei eine Rolle spielte, blieb offen. Die Behörden betonten jedoch, der Botschaftsschutz sei nach wie vor gewährleistet.
Nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 kam es vermehrt zu Drohungen oder Sachbeschädigungen gegen die Botschaft Moskaus in Bern. Die Schutzmassnahmen wurden erhöht – sichtbar etwa durch Absperrgitter. 2024 spuckte ein Mann aus Protest auf ein Schild der russischen Botschaft. Ein Botschaftsschützer in Zivil erwischte ihn dabei. Die Bundesanwaltschaft verurteilte den Mann wegen «tätlichen Angriffs gegen ein fremdes Hoheitszeichen».
Private Securitys helfen aus
Die Berner Politik hat auf die Entwicklungen reagiert: Zuletzt sprach das Kantonsparlament 2024 einen Kredit, damit private Sicherheitsdienste beim Botschaftsschutz eingespannt werden können. Man greife «punktuell und in kleinem Umfang» darauf zurück, so die Kantonspolizei zu Blick.
Zusätzlich hilft die Armee – der Bundesrat stellt derzeit 20 Soldaten für den Botschaftsschutz frei, das gilt vorerst bis 2027. Dabei handelt es sich allerdings bloss um einen sogenannten Einsatz zum Kompetenzerhalt der Truppe.