Darum gehts
- Jogger spuckt auf russische Botschaftsplakette, Justizminister muss Strafverfolgung bewilligen
- Vorfall als Protest gegen Schweizer Haltung zum Ukraine-Krieg
- Geldstrafe von 6900 Franken und 500 Franken Verfahrenskosten
Ende Februar 2024 in Bern: An einem Donnerstagabend spielt sich im Botschaftsviertel eine Episode ab, die später sogar Bundesrat Beat Jans (60) beschäftigen wird.
Kurz nach 18 Uhr läuft ein Jogger durchs Brunnadernquartier. Der Stadtteil ist bekannt für seine vielen ausländischen Vertretungen, schmucken Villen und pompösen Patrizierhäuser. Der Jogger passiert die Brunnadernstrasse 53. Hinter einem Holzzaun befindet sich dort die Konsularabteilung der russischen Botschaft.
Der Jogger kann es sich wohl nicht verkneifen: Vor dem Eingangstor dreht er sich nach links und spuckt auf das goldfarbene Schild, das an der Pforte der Konsularabteilung angebracht ist.
6900 Franken Strafe
Pech für den Spucker: Just an diesem Abend war der Botschaftsschutz des Kantons Bern vor Ort. Einer der in Zivil gekleideten Botschaftsschützer wollte den Jogger aufhalten, doch trotz mehrfacher Aufforderung blieb er nicht stehen. Weitere Bewacher versperrten ihm schliesslich an der nächsten Kreuzung den Weg und brachten ihn zu Boden.
Seine kleine Botschaft an die Botschaft hat nun Konsequenzen. Die Bundesanwaltschaft befand den Jogger für schuldig, einen «tätlichen Angriff gegen ein fremdes Hoheitszeichen» verübt zu haben. Dafür wird er mit einer saftigen Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 230 Franken gebüsst, insgesamt 6900 Franken. Auch die Verfahrenskosten von 500 Franken muss der Jogger zahlen. Blick konnte in den rechtskräftigen Strafbefehl Einsicht nehmen.
Bewilligung von Beat Jans
Sogar Justizminister Beat Jans musste sich mit dem Botschaftsspucker beschäftigen. Damit die Behörden ermitteln konnten, brauchten sie zuerst grünes Licht von höchster politischer Ebene. Der Grund: Bei der Aktion handelt es sich um ein politisches Delikt, das die Beziehungen zum Ausland stört. In den letzten Jahren wurden pro Jahr lediglich fünf bis elf solche Bewilligungen erteilt.
Dem Vernehmen nach war die Spuckaktion tatsächlich nicht etwa ein dummes Versehen, sondern ein kleiner Protestakt gegen die Schweizer Haltung zum Krieg in der Ukraine. Für den Betreffenden dürfte der Vorfall umso betrüblicher sein, als er bestens mit der Gesetzeslage vertraut ist. Er arbeitet in der Rechtsabteilung eines bundesnahen Betriebs.
Obwohl er den Strafbefehl nicht angefochten hat, zeigt der Botschaftsspucker weiterhin Flagge. «Das Verfahren und die mir auferlegte Strafe sollen einen Sinn ergeben», sagt er zu Blick. Er werde deshalb freiwillig die dreifache Höhe der Verfahrenskosten von 500 Franken einer Organisation spenden, die sich für die Opfer russischer Folterungen in den besetzten Gebieten der Ukraine einsetze.