«US-Regierung und Lockheed Martin bestimmen den Preis»
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Fix-Preis ist vom Tisch:«US-Regierung und Lockheed Martin bestimmen den Preis»

Auch wenn die Kampfflieger viel teurer werden
Volk soll nichts mehr zu sagen haben

Trotz drohender Mehrkosten in Milliardenhöhe will der Ständerat eine erneute Abstimmung über die F-35-Kampfjets unbedingt vermeiden. Während die SP auf demokratische Kontrolle pocht, wollen die Bürgerlichen Verzögerungen verhindern.
Publiziert: 12:46 Uhr
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Aktualisiert: 13:58 Uhr
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Die Beschaffung der 36 Kampfjets aus US-Produktion wird massiv teurer als angenommen. Wie viel teurer, ist noch unklar.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Der Ständerat will eine Volksabstimmung zu F-35-Mehrkosten vermeiden
  • Die bürgerliche Mehrheit sieht Verzögerungen als Risiko für die Sicherheit
  • 70 Prozent der Blick-Umfrageteilnehmer fordern einen erneuten Urnengang zu den Kampfjets
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Auf gar keinen Fall! Die bürgerliche Mehrheit im Ständerat will eine Volksabstimmung zu den drohenden Mehrkosten für die F-35-Kampfflugzeuge unbedingt vermeiden. «Die Sicherheitslage ist dramatisch. Wir können uns keine weiteren Verzögerungen mehr leisten», findet Mitte-Ständerätin Marianne Binder (67). «Das wäre ein Spiel mit dem Feuer.»

Das ist ganz im Sinne des Bundesrats. Denn ein Urnengang würde nicht nur lange dauern – nach den neusten Eskapaden wäre auch das Risiko eines Absturzes gross. Ein Risiko, das die Regierung nicht eingehen will. So sagte das Stimmvolk schon 2020 nur hauchdünn mit 50,1 Prozent Ja zu neuen Kampffliegern – bei einem klaren Kostendach von 6 Milliarden Franken. Mit diesen Vorgaben bewilligte das Parlament den Verpflichtungskredit für 36 US-Tarnkappenjets.

«Nicht einfach durch die Hintertür durchdrücken»

Immer und immer wieder versicherte die ehemalige Verteidigungsministerin Viola Amherd (63), dass es sich um einen Fixpreis handle. Mehrkosten seien ausgeschlossen, wischte sie Bedenken schnöde weg. Dumm nur, dass Washington da nicht mitmacht. Die Suppe auslöffeln darf nun Amherds Nachfolger und Parteikollege Martin Pfister (62).

Es drohen Mehrkosten bis 1,3 Milliarden Franken. Noch ist unklar, ob der Bundesrat weniger Jets bestellen oder doch mehr Geld beantragen will. Bei einem Nachtragskredit solle dieser dem Parlament als referendumsfähiger Beschluss vorgelegt werden, fordert die SP.

Heisst konkret: Das Volk soll die Möglichkeit erhalten, das letzte Wort zu haben. Schliesslich sei es von einem 6-Milliarden-Kostendeckel ausgegangen. Falle dieser weg, müsse auch die demokratische Kontrolle entsprechend angepasst werden. «Das Volk wird sonst an der Nase herumgeführt», sagt SP-Ständerätin Franziska Roth (59). Die Beschaffung «nach falschen Versprechen» dürfe nicht einfach durch die Hintertür durchgedrückt werden.

«Es würde eine lange Verzögerung drohen»

Das sieht der Bundesrat anders – und flüchtet sich dabei in formaljuristische Argumente. Zusatzkredite würden schlicht nicht dem fakultativen Referendum unterstehen. Damit sind für den Bundesrat die Vorgaben der Verfassung eingehalten – und die demokratische Kontrolle ist gewahrt.

Auch die Bürgerlichen wollen nichts von einer erneuten Volksabstimmung wissen, wie Blick-Recherchen zeigen. SVP, FDP und Mitte sind mehrheitlich dagegen – und damit eine klare Mehrheit. Am Mittwoch soll die kleine Kammer über die SP-Forderung befinden. Das Anliegen bleibt chancenlos.

«Mit einer erneuten Volksabstimmung, für die ich zuversichtlich wäre, würde eine lange Verzögerung drohen», sagt SVP-Ständerat Werner Salzmann (62). Zudem seien Mehrkosten über die Jahre hinweg nicht ungewöhnlich. Über die Neat habe man trotz hoher Teuerung auch nicht ein zweites Mal abgestimmt. «Man hätte nur nicht den Fehler machen und ständig von einem Fixpreis sprechen dürfen.» Schliesslich bleibe der F-35 für die Verteidigung der Schweiz am besten geeignet.

«Ich sehe kein Glaubwürdigkeitsproblem»

«Gehe nicht zum Fürst, wenn du nicht gerufen wirst», zitiert FDP-Ständerat Josef Dittli (68) eine alte Redewendung. Heisst: Bring die Vorlage nicht vors Volk, wenn es nicht nötig ist. «Der Bundesrat hat die Kampfflieger dem Volk freiwillig vorgelegt», betont Dittli. «Sonst wird nie ein Rüstungsprojekt zur Abstimmung gebracht.» Da es sich bei einem Nachtragskredit ohnehin um einen viel kleineren Betrag handeln würde als bei der Volksabstimmung, sei es vertretbar, wenn nur das Parlament darüber befindet. «Ich sehe kein Glaubwürdigkeitsproblem.»

Der Ständerat ist das eine, die Bevölkerung das andere. Diese zeigte sich ernüchtert, als Verteidigungsminister Pfister Mitte August einräumte, dass die USA von einem Fixpreis nichts wissen wollen und die Jets deutlich teurer werden dürften als versprochen.

Für viele ist denn auch klar: Die Politik kann nicht einfach weiterwursteln. Es braucht eine erneute Volksabstimmung! 38’681 Menschen haben bei Blick abgestimmt. Satte 70 Prozent fordern einen erneuten Urnengang. Sie wollen selber entscheiden können, ob die Schweiz für die US-Flieger nochmals deutlich tiefer in die Tasche greifen soll oder eben nicht. Die bürgerliche Mehrheit im Ständerat aber wird dem entgegenstehen.

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