Mit einem grossen Spektakel wurde der 69. Eurovision Song Contest in Basel am Sonntag eröffnet. Laut SRG jubelten über 100'000 Menschen den 37 Acts der diesjährigen Ausgabe bei einer grossen Parade durch die Innenstadt zu. In Erinnerung blieb aber auch das Bild zahlreicher Palästina-Flaggen, die als Protest gegen die Teilnahme Israels zu sehen waren. Eine Aktivistin, die sich vor das Tram mit der israelischen Teilnehmerin gesetzt hat, wurde weggetragen und von der Polizei kontrolliert. Und die israelische Delegation zeigte einen Mann an, der eine Morddroh-Geste gegenüber der israelischen Künstlerin Yuval Raphael machte. Überschatten die Proteste wegen der israelischen ESC-Teilnahme nun den ganzen Event, wie es letztes Jahr in Malmö (Schweden) der Fall war?
«Das glaube ich nicht», sagt Martin Green, Direktor des Eurovision Song Contests im Gespräch mit Blick. «Der Event stellt schon selbst sicher, dass nicht nur über dieses Thema gesprochen wird. Am Ende des Tages haben wir 37 tolle Acts mit grossartigen Darbietungen.» Der Protest am Sonntag sei «friedvoll und gesittet» verlaufen, hält er weiter fest. «Das finde ich total in Ordnung, wir leben ja in einer Demokratie und die freie Meinungsäusserung ist wichtig.»
Basler Regierungspräsident kämpfte mit Zwischenrufen
Auch der Basler Regierungspräsident Conradin Cramer (46) bekam die Proteste zu spüren. Bei seiner Ansprache am Samstag riefen Aktivisten «Shame on you». «Ich habe vor allem viel Jubel gehört», sagt er. «Für mich steht im Vordergrund, dass zehntausende Menschen einen farbenfrohen, fröhlichen Nachmittag in Basel geniessen konnten.» Antisemitismus und Diskriminierung haben in Basel keinen Platz, betont er.
Mit der israelischen Kandidatin Yuval Raphael (24) habe er länger gesprochen. «Das war eine sehr sympathische Begegnung.» Sein Wunsch für die kommende Woche? «Dass der ESC in Basel als fröhliches und friedliches Fest möglichst viele Menschen begeistert.»
Palästina-Flaggen dürfen neu mit in die ESC-Halle
Neu können bei den ESC-Shows Palästina-Flaggen in die Halle gebracht werden. «Ich habe keine Angst, dass wir da ein Meer dieser Flaggen und Protest während der Show sehen», sagt ESC-Direktor Martin Green. «Die Besucher wissen, dass der ESC ein Ort der Freude ist und verstehen den Geist hinter dem Event. Und wir versuchen, alles so neutral wie möglich zu halten. Zu zeigen, dass wir alle an diesem Event friedlich zusammenkommen, ist schon ein starkes Zeichen.» Dass jemand mit einer Palästina-Flagge den Ablauf der Live-Sendung stören könnte, sei unwahrscheinlich, heisst es von den Organisatoren. Die Bühne sei gut gesichert.
Doch auch ausserhalb der St. Jakobshalle kann es zu Protesten kommen. Die Gruppierung «ESCalate4Palestine» hat eine Demonstration am Samstag auf dem Barfüsserplatz angekündigt. Von diesem Aufruf hat auch die Kantonspolizei Basel-Stadt Kenntnis. Allerdings sei innert der zweiwöchigen Bewilligungsfrist kein Gesuch für eine Kundgebung während des ESC bei der Polizei eingegangen. «Pauschal lässt sich nicht beantworten, inwiefern wir unbewilligte Demonstrationen zulassen», so Brigitte Vogel, Kommunikation Einsatzorganisation ESC.
Keine Spannung bei Acts zu spüren
Anders als in der Vorjahresausgabe von Malmö ist in diesem Jahr keine Spannung zwischen den Acts zu spüren. Mit dem neu geschaffenen Code of Conduct ist es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern untersagt, politische Botschaften im Zusammenhang mit dem ESC zu verbreiten. Sie sollen die Neutralität des Anlasses respektieren. Dies hat zumindest an der Eröffnungszeremonie funktioniert. Angesprochen auf die Proteste betonten Acts wie die Luxemburgerin Laura Thorn (25) und die Irin Emmy (24), wie der ESC die Menschen vereint und die Nationen durch Musik zusammenbringt. Auch bezüglich Feststimmung hat Basel bisher klar die Nase vor Malmö. Während in der südschwedischen Stadt viele Menschen den Feierlichkeiten fernblieben, herrscht hier weiterhin buntes Treiben.