Auch die Reben schwitzen
Bedeutet ein heisser Sommer automatisch ein gutes Weinjahr?

Heisse Sommertage lassen Weinfreunde auf einen grossen Jahrgang hoffen. Doch Hitze allein macht noch keinen Spitzenwein.
Publiziert: 13:57 Uhr
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Aktualisiert: 18:41 Uhr
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Der vergangene Juni war mit einer schweizweiten Durchschnittstemperatur von 16,3 Grad der zweitwärmste seit Messbeginn im Jahr 1864.
Foto: Shutterstock

Darum gehts

  • Heisser Sommer weckt hohe Erwartungen, garantiert aber keinen grossen Wein
  • Gleichgewicht zwischen Zucker, Säure und Aroma entscheidend für Qualität
  • Hitzesommer 2003: Frühe Lese und unausgereifte Gerbstoffe in manchen Regionen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nicolas GreinacherRedaktor Wein

Ein heisser Sommer wie dieses Jahr weckt bei vielen Weinliebhabern hohe Erwartungen: Sonnenverwöhnte Reben, konzentrierte Aromen und kräftige Weine klingen nach einem exzellenten Jahrgang.

Natürlich spielt das Wetter während der Vegetationsperiode für die Traubenqualität eine wichtige Rolle, doch Hitze allein garantiert keinen grossen Wein. Entscheidend ist das Zusammenspiel aus Temperaturverlauf, Niederschlag, Bodenverhältnissen und der Arbeit der Weingüter, ob ein Jahrgang später wirklich herausragt.

Klar können heisse Sommertage Vorteile bringen. Mehr Sonne fördert die Zuckerbildung in den Beeren, was die Erreichung ausreichender Alkoholwerte erleichtert. Auch die Aromen fallen oft intensiver aus. Doch zu viel Hitze und Trockenheit belasten Rebstöcke. Bei Wassermangel stellen sie die Fotosynthese ein, und das Gleichgewicht zwischen Zucker, Säure und Aroma gerät leichter ins Wanken.

Hitze allein ist kein Garant für Qualität

Gerade bei Rotweintrauben ist die Reife der Gerbstoffe besonders wichtig. Neben Zucker und Säure zählen vor allem die in Schalen und Kernen enthaltenen Tannine. Heisse, kurze Sommer verhindern oft deren vollständige Reifung. Die Folge sind bittere Töne im Wein, die schwer mit der Frucht harmonieren. Ein Beispiel ist der europäische Sommer 2003, der manchenorts durch sehr frühe Lese und unausgereifte Gerbstoffe auffiel. Ein Jahrgang, der zunächst gefeiert, später aber deutlich kritischer bewertet wurde.

Nicht jede grosse Hitze bringt also automatisch einen Spitzenjahrgang hervor. Entscheidend bleibt das Gleichgewicht. Ein wirklich grosser Jahrgang entsteht, wenn Zucker, Säure, Aromen und Gerbstoffe gemeinsam optimale Ausgangswerte liefern. Dafür braucht es nicht nur Wärme, sondern auch kühle Nächte, ausreichend Regen zur rechten Zeit und erfahrene Winzer, die im entscheidenden Moment richtig handeln.

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