Darum gehts
- Russische Armee kämpft mit Fahnenflucht.
- Sperreinheiten sollen Flucht verhindern, Deserteuren drohen lange Haftstrafen
- Fahnenflüchtige erhalten «Karussell-Strafe»
Die russische Armee kämpft mit einem wachsenden Problem: Fahnenflucht. Journalisten von «Kavkaz.Realii», einem kremlkritischen Projekt aus dem Nordkaukasus, haben die Gründe dafür untersucht. Sie analysierten Gerichtsurteile im südlichen Militärbezirk Russlands.
Überraschenderweise spielt die Ablehnung des Krieges kaum eine Rolle. Stattdessen sind es oft persönliche Gründe, die Soldaten zur Desertion bewegen. Eifersucht ist ein häufiges Motiv: Männer verlassen die Front, um vermeintlicher Untreue ihrer Frauen nachzugehen. Auch familiäre Verpflichtungen wie die Betreuung von Kindern oder kranken Angehörigen führen zur Fahnenflucht.
Sold bleibt oft aus
Ein weiterer Grund ist die mangelnde medizinische und psychologische Versorgung. Viele Deserteure berichten von verweigerter Hilfe nach Verwundungen oder psychischen Belastungen. Posttraumatischer Stress und chronische Krankheiten bleiben oft unbehandelt.
Auch die Zustände in der Armee treiben Soldaten in die Flucht: Chaos, Druck von Vorgesetzten, ausbleibende Zahlungen und Misshandlungen. Manche fliehen aus Angst, in gefährliche Einsätze ohne ausreichende Ausrüstung geschickt zu werden.
Sperreinheiten sollen Fahnenflucht verhindern
Die russische Armeeführung versucht, das Problem einzudämmen. Kontrollen an Checkpoints werden verstärkt und die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Militär intensiviert. Deserteuren drohen lange Haftstrafen. In der Praxis werden Fahnenflüchtige jedoch oft einfach an die Front zurückgeschickt.
Eine besonders harte Massnahme sind die sogenannten Sperreinheiten. Diese Trupps sollen hinter den eigenen Linien Rückzug oder Flucht verhindern.
So brutal ist die «Karussell-Strafe»
Wer desertiert, kann auch die «Karussell-Strafe» erhalten. Wie CNN berichtet, kursieren davon mehrere Videos im Netz.
Bei der «Karussell-Strafe» werden Deserteure mit einem Seil an ein Fahrzeug gebunden und anschliessend minutenlang im Kreis über Felder geschleift.
Grigory Swerdlin, der mit seiner Organisation «Get Lost» russischen Soldaten bei der Fahnenflucht hilft, fasst es gegenüber CNN so zusammen: «Gewalt ist das, was die russische Armee am Leben und zusammenhält.»