Darum gehts
- Schweizer Staatsbürger von US-Einwanderungsbehörden festgenommen und abgeschoben
- Grund war in allen Fällen ein sogenannter «Overstay», ein illegaler Aufenthalt
- Umstrittene Abschiebepraxis: US-Medien berichten von Verhaftungen bei Greencard-Bewerbungsgesprächen
Sie jagen Einwanderer auf Parkplätzen, zerren Migranten aus Pick-ups, überwältigen Erntehelfer auf Feldern, machen Razzien in Schulen, lauern beim Gottesdienst vor der Kirche, verfrachten Touristen in Abschiebungshaft. Die Officers der US-Immigrationsbehörde ICE führen Donald Trumps Befehl aus. Der US-Präsident hat angeordnet, dass der Staat jährlich über 1 Million Menschen verhaften und abschieben soll – mindestens. Nun zeigen Recherchen von Blick: Zu den Betroffenen gehören auch Schweizerinnen und Schweizer.
Die Einwanderungsbehörden der aktuellen Trump-Regierung haben bislang drei Personen mit Schweizer Staatsangehörigkeit festgenommen. Dies bestätigt das Eidgenössische Aussendepartement (EDA) auf Anfrage. Dabei handelt es sich nur um jene Fälle, die den Schweizer Behörden bekannt sind. Wie gross die Dunkelziffer ist, lässt sich nicht abschätzen.
Inhaftiert bis zum Rückflug
Grund war in allen Fällen ein sogenannter «Overstay», also ein illegaler Aufenthalt, teilt das EDA mit. Das heisst, die Personen blieben länger in den USA, als es die Gültigkeitsdauer ihres Visums oder ihrer ESTA-Genehmigung erlaubte. ESTA ist ein visumfreies System, über das Reisende online einen Antrag stellen können. Es ermöglicht Aufenthalte bis maximal 90 Tage.
Wie lange die betroffenen Schweizer in Haft sassen, ist unklar. Das EDA kommuniziert keine Zahlen und sagt stattdessen: «Sie wurden jeweils bis zum nächsten verfügbaren Flug in die Schweiz festgehalten.» Mittlerweile befänden sich alle auf freiem Fuss. Weitere Infos zum Hintergrund der Verhaftungen will das Aussendepartement nicht preisgeben, mit Verweis auf den Daten- und Persönlichkeitsschutz. Dabei wäre insbesondere die Frage, bei welcher Gelegenheit die Personen festgenommen wurden, von Relevanz.
Bei Interview erschienen maskierte Männer
In den vergangenen Wochen haben verschiedene US-Medien über eine neue, umstrittene Abschiebepraxis berichtet. Demnach hat die Immigrationsbehörde ICE ausländische Ehepartner von US-Bürgern bei Bewerbungsgesprächen für eine Greencard verhaftet. Offiziell ging es dabei um abgelaufene Visa.
Eine dieser Geschichten erzählte die US-Bürgerin Audrey Hestmark dem Regionalsender NBC San Diego. Sie ist seit einem Jahr mit einem Deutschen verheiratet. Das Paar wollte in den USA bleiben und beantragte für den Ehemann eine permanente Aufenthaltsbewilligung, eine sogenannte Greencard. Dabei hätten sie alle Unterlagen fristgerecht eingereicht. Beim Interview in San Diego seien dann aber drei maskierte Männer im Büro erschienen, um ihren Mann abzuführen. Angeblich weil sein Visum abgelaufen ist. Über ähnliche Fälle berichtete auch die «New York Times».
Amerikanische Einwanderungsanwälte zeigten sich alarmiert. Ein abgelaufenes Visum sei natürlich formell ein Problem, erklärten sie. Doch bislang sei dies in der Regel toleriert worden, sofern eine Ehe mit einem US-Bürger bestand und ein laufendes Greencard-Verfahren vorlag. Offen bleibt, ob die drei Schweizer Staatsbürger unter ähnlichen Voraussetzungen verhaftet wurden. Das EDA lässt entsprechende Fragen unbeantwortet.
Bald strengere Kontrollen vor Einreise?
Generell verstärkt sich der Eindruck, dass die Trump-Administration beabsichtigt, zunehmend auch die legale Migration zu erschweren. Anfang Dezember wurde bekannt, dass bei ESTA-Anträgen künftig zusätzliche Angaben verlangt werden könnten, darunter Social-Media-Konten und E-Mail-Adressen. Einreisende müssten ihre Aktivitäten auf Plattformen wie Tiktok, X oder Instagram aus den letzten fünf Jahren offenlegen. Ein entsprechendes Dokument haben die US-Grenzschutzbehörden im Bundesregister veröffentlicht. Noch ist es nicht rechtskräftig und steht zur Diskussion. Die Behörden begründen die geplante Verschärfung mit dem «Schutz vor ausländischen Terroristen und anderen Bedrohungen».
Die Schweiz hat auf Trumps harten Migrationskurs reagiert. Seit Mitte Jahr ist auf der Website des Aussendepartements vermerkt, dass sich Reisende frühzeitig über Einreise-, Aufenthalts- und weitere Vorschriften informieren sollen. «Bei einem Verstoss gegen die Vorschriften droht eine Rückweisung, Festnahme oder Inhaftierung.» Im Ernstfall können sich Betroffene an die Schweizer Botschaft in den USA wenden.