Darum gehts
- Deutsches Restaurant verbietet getrennte Rechnungen wegen Schwaben und Schweizern
- Bezahlgewohnheiten unterscheiden sich regional: Süden zusammen, Norden getrennt
- In der Türkei bezeichnet man getrennte Rechnungen als «Bezahlen auf deutsche Art»
«Zusammen oder getrennt?» – ein schöner Abend in geselliger Runde im Restaurant endet meist mit dieser Frage. Zumindest aus Schweizer Sicht. Doch ein italienisches Restaurant in Esslingen (D) setzt nun den Schlussstrich für getrennte Rechnungen.
Denn Wirt Salvatore Marrazzo (56) hat genug von Diskussionen, wer genau was bestellt hat und zu welchen Teilen die Rechnung aufgeteilt werden soll. Im Lokal Accanto Semplicissimo verbietet ein Aushang das Trennen von Rechnungen, wie «Bild» berichtet.
Getrennte Rechnungen kosten unnötig Zeit
Schuld für diese Massnahme: die Schwaben und die Schweizer. «Oft kommt es vor, dass Schwaben pingelig darüber diskutieren, wer wie viele Gläser aus einer Flasche Rotwein getrunken hat, und dass dies bitte auch für die Rechnungen gesplittet wird. Auch Schweizer Gäste legen diese nervige Eigenart an den Tag», erklärt Marrazzo gegenüber «Bild».
Das Aufsplitten von Rechnungen koste den Kellnern unnötig Zeit, betont der Wirt – besonders bei sehr grossen Tischen und im Hochbetrieb. Bei seinen Gästen stösst das auf Verständnis. Seit der Aushang vor drei Wochen angebracht wurde, habe es keine Beschwerden gegeben. Und wer noch immer auf getrennten Rechnungen bestehe, könne das im Vorfeld anmelden.
Bezahlart ist regional unterschiedlich
Ob man im Restaurant lieber getrennt oder zusammen zahlt, hängt auch von der Region ab. Ernährungssoziologe Daniel Kofahl (43) erklärt «Bild»: Während man im Norden Europas das Teilen von Rechnungen mit einer individuellen Eigenverantwortung verbinde, stärke im Süden das gemeinsame Einladen und abwechselnde Bezahlen die Freundschaft und das Gefühl von Geselligkeit.
So nennt man in der Türkei das Splitten von Rechnungen «alman usulü hesap», also «Bezahlen auf deutsche Art». In Italien gilt «alla romana», das heisst, es wird zusammengelegt, und einer übernimmt. Schliesslich wird das Essen hier auch über mehrere Gänge zelebriert – wie will man da am Ende auch jeden Antipasto, Primo und Secondo richtig zuteilen? In Venedig regt man sich zudem über knausrige Touristen auf, die sich einen Teller Pasta teilen.
Im Süden zusammen, im Norden getrennt
Auch in Frankreich und Spanien sind getrennte Rechnungen sehr ungewöhnlich. Vor allem in Spanien, wo erst nach 21 Uhr zu Abend gegessen wird, stösst ein solcher Wunsch auf grosse Augen – wer will denn schliesslich in der lockeren Abendrunde noch mit Rechnungsanteilen um sich schlagen? Nur in Katalonien unterstreicht man mit der getrennten Bezahlart «pagar a la catalana», also Zahlen nach katalanischer Art, die eigene Identität.
Im Norden Europas heisst es hingegen: Es wird getrennt bezahlt. So teilt man in den Niederlanden gern die gesamte Rechnung durch alle Personen. Wer also eher auf Wasser und Salat statt Wein und Steak setzt, zieht den Kürzeren. Den Briten wiederum nehmen im Norden eine Sonderstellung ein: Gesplittete Rechnungen nennt man dort genervt «going dutch». Stattdessen lädt man lieber ein – oder übernimmt abwechselnd die Bierrunden.